Noch mehr Filz im RBB : Schlesinger bot Kulturradiochefin 450.000 Euro an
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Die ehemalige RBB-Intendantin Patricia Schlesinger. Bild: dpa
Obwohl sie ihren Leitungsjob nur noch ein Jahr machen wollte, bekam die Chefin des RBB-Kulturradios von der früheren Intendantin Patricia Schlesinger eine Topzahlung für drei Jahre angeboten: die neueste Volte im RBB-Skandal.
Angesichts der inzwischen langen Liste mutmaßlich unseriöser Verträge, die in der Amtszeit der fristlos gekündigten Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Patricia Schlesinger, für das Spitzenpersonal abgeschlossen wurden, fragt man sich, ob es unter ihrer Ägide überhaupt noch „normale“ Vereinbarungen gab. Da gab es die Boni – Zuzahlungen für undefinierten „Erfolg“ – zu den ohnehin stolzen Grundgehältern der Führungsetage. Es gab Beraterverträge für das inzwischen abgesagte Immobilienprojekt „Digitales Medienhaus“, das summa summarum 200 Millionen Euro gekostet hätte.
Und es gab, wie das Fachportal „Business Insider“ berichtet, im Fall der Chefin der Radiowelle rbb Kultur, Verena Keysers, ein Sonderangebot: Patricia Schlesinger, damals noch im Amt und auf der Höhe ihres scheinbaren Erfolgs, bot Verena Keysers demzufolge im Juni 2021 einen Vertrag über insgesamt 450.000 Euro an, obwohl diese bekundet hatte, dass sie ihre Leitungsfunktion nur noch ein Jahr behalten wolle und nicht klar war, was danach folgte. Im August des vergangenen Jahres wurde dann tatsächlich seitens des RBB offiziell mitgeteilt, dass Verena Keysers ihre Aufgabe zum Jahreswechsel abgebe.
„Derzeit weiter Chefin von rbb Kultur/Radio“
Vollzogen wurde das dann, wie die Nachfrage beim RBB ergibt, nicht: Verena Keysers sei „derzeit weiter Chefin von rbb Kultur/Radio“. Sie habe „ihre im August 2022 öffentlich kommunizierten Pläne, auf eigenen Wunsch hin die Leitung von rbb Kultur perspektivisch in andere Hände zu legen, nicht aufgegeben“. Sie bleibe „aber im Amt, bis wir eine Nachfolgeregelung getroffen haben. Das begrüßen wir ausdrücklich. Einen genauen Zeitpunkt für den Stabwechsel und die Kommunikation der neuen Position von Verena Keysers im rbb können wir noch nicht nennen.“
Nichts sagen will der RBB auch zu „einzelvertraglichen Regelungen oder Vereinbarungen“ (also zu dem von Schlesinger angebotenen 450.000-Euro-Deal). Künftig werde der RBB aber „grundsätzlich“ keine außertariflichen Verträge mehr „im Voraus“ vergeben, „erst Recht nicht, wenn gar nicht klar ist, welche Wertigkeit die künftige Aufgabe haben wird“. Ebenso würden „AT-Verträge“ künftig „immer mit einer klar definierten Aufgabe beziehungsweise einem klaren Arbeitsbereich versehen“.
Mit den neuen und den alten Usancen im RBB wird sich heute der Rundfunkrat des Senders beschäftigen. Auf Antrag des Rundfunkrats und SPD-Landtagsabgeordneten Erik Stohn kommt das Gremium zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen, um all die Fragen zu erörtern, die sich – über den bekannten Schlesinger-Komplex hinaus – jüngst ergeben haben. Ein Frage lautet zum Beispiel, ob der RBB tatsächlich inzwischen mehr als 1,4 Millionen Euro für Rechtsberatung ausgegeben hat und was die 31 Anwälte, von denen in einem Beitrag des Magazins „Brandenburg Aktuell“ die Rede war, genau tun. Nach Ansicht des Rundfunkrats Stohn kann man den Eindruck gewinnen, dass die vom RBB hauptsächlich beschäftigte Kanzlei Lutz und Abel „möglichen Mittätern des Systems Schlesinger hilft, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen“.
Worauf der Auftrag der Kanzlei genau laute, die zunächst bei der Aufklärung des RBB-Skandals helfen sollte, will auch der Hauptausschuss des brandenburgischen Landtags wissen. Bislang sei das nicht vorgetragen worden, sagte der Ausschussvorsitzende Daniel Keller (SPD). Es wäre besser gewesen, meint Keller, hätte sich die amtierende Intendantin Katrin Vernau „proaktiv“ zu den Anwaltskosten geäußert. Am Freitag kommt dies im Rundfunkrat gewiss zur Sprache.