RBB wirft Direktoren raus : „Das ist eine Zäsur“, sagt die Intendantin
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Machte gerade „Kassensturz“: RBB-Interimsintendantin Katrin Vernau Bild: dpa
Der RBB setzt Verwaltungsdirektor Brandstäter und Produktionsdirektor Augenstein an die frische Luft. Zugleich taucht ein weiterer Beratervertrag auf. Der zeigt, wie eng der Sender mit der Berliner Landespolitik verbandelt war.
Die Geschichte des RBB-Skandals ist noch lange nicht „auserzählt“. Wäre dies eine Serie, befänden wir uns am Beginn der zweiten Staffel mit dem Episodentitel: „Die Aufarbeitung“. Diese betreibt Katrin Vernau, die Interims-Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg, Schritt für Schritt. Sie baut die Filzpyramide ab, an deren Spitze die fristlos gekündigte Intendantin Patricia Schlesinger und der zurückgetretene Verwaltungsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf standen. Mit dem jüngsten Schritt der Aufarbeitung entledigt sich Vernau der letzten beiden Figuren der Geschäftsleitung aus der Ära Schlesinger: Der RBB trennt sich mit sofortiger Wirkung von dem (seit Monaten krankgeschriebenen) Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter und vom Produktionsdirektor Christoph Augenstein.
„Wird beim Neuanfang helfen“
„Das ist eine Zäsur und wird uns beim Neuanfang im RBB helfen“, teilt Vernau im Intranet mit. „Aus rechtlichen Erwägungen“ äußere der Sender „sich nicht zu Gründen und Details der Trennung“. So heißt es auch auf Nachfrage der F.A.Z. Die Aufgaben des gekündigten Produktionsdirektors übernimmt vorübergehend Andreas Owsinski, Leiter der Hauptabteilung Medienproduktion, Dirk Lüdemann vertrete den RBB auf ARD-Ebene.
Verlassen hat den Sender ebenfalls der bisherige Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus. Er gehe auf eigenen Wunsch, heißt es seitens des RBB. Der Verwaltungsrat des Senders hatte der Aufhebung seines Vertrags im Dezember zugestimmt. Schulte-Kellinghaus war seit 2017 Programmdirektor, im Februar 2022 war er für fünf weitere Jahre bestätigt worden. Zu seinem Abgang hat er auf die inzwischen gestrichenen ominösen Bonuszahlungen und auf das ebenfalls fragwürdige „Ruhegeld“ verzichtet, das der RBB vorzeitig abgelösten Spitzenfunktionären zusätzlich zu ihrer Altersversorgung zahlt. Dem Vernehmen nach geht Schulte-Kellinghaus mit einer Abfindung von zwei Jahresgehältern. Das Jahresgehalt des Programmdirektors lag zuletzt bei 215.425 Euro.
Einer Sonderzahlung hat sich der RBB auch im Fall des früheren Chefredakteurs Christoph Singelnstein entledigt. Singelnstein war im März 2021 vorzeitig abgelöst worden. Er hat Anspruch auf „Ruhegeld“ und eine Pension und erhielt unter der Schlesinger-Herrschaft obendrein einen Beratervertrag, sodass er auf monatliche Einkünfte von 15.000 Euro kam. Mit dem Beratervertrag habe sich der RBB, hieß es auf Anfrage der F.A.Z. im vergangenen November, „die Expertise von Herrn Singelnstein“ sichern wollen. Das hat die neue Intendantin Vernau im Dezember beendet. Seither erhält Singelnstein das Beraterhonorar nicht mehr, „Ruhegeld“ und Pension fließen weiter. „Der Stopp der Honorare an Herrn Singelnstein ist vollzogen, zu anderen Bezügen können wir keine Auskunft geben“, teilt der RBB mit.
Zugleich zeigt sich abermals, wie verbreitet das Beratervertragsunwesen beim RBB war. Wie das Portal „Business Insider“ berichtet, erhielt Bernhard Schodrowski, der frühere Sprecher des Berliner Senats und ehemalige Lebensgefährte der Grünen-Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, die inzwischen Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes ist, 2017 vom RBB einen Beratervertrag. Er habe die damalige Intendantin Schlesinger auf dem Berliner politischen Parkett einführen sollen und dafür 15.000 Euro erhalten. Eingefädelt habe den Deal der damalige RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Der wiederum sei von Ramona Pop kurz zuvor als neuer Aufsichtsratschef der landeseigenen Messe Berlin vorgeschlagen worden. Sie habe, sagt die heutige Verbraucherschützerin Pop, von alldem nichts gewusst und ihre „Position zu keinem Zeitpunkt ausgenutzt“. „Die Beschäftigung von Beratern ist Teil der offiziellen Untersuchungen, auch dazu nehmen wir aktuell nicht Stellung“, teilt uns der RBB dazu mit.
Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wird den Vorgang, der in seiner mutmaßlichen Konstruktion etlichen anderen Abläufen im RBB gleicht, zu würdigen haben. Sie ermittelt gegen die frühere Intendantin Schlesinger, ihren Ehemann, den einstigen „Spiegel“-Journalisten Gerhard Spörl, den früheren RBB-Verwaltungsratschef Wolf, den einstigen Verwaltungsdirektor Brandstäter und die frühere Juristische Direktorin des Senders, Susann Lange, unter anderem wegen des Verdachts der Vorteilsannahme.
Juristische Direktorin geht gegen Kündigung vor
Lange, der im Dezember gekündigt wurde, wehrt sich vor Gericht gegen ihre außerordentliche Kündigung. Die „B.Z.“ hatte berichtet, dass Lange bis zu ihrer Rente ein „Ruhegeld“ von 1,7 Millionen Euro zustehe, auch wenn sie einen anderen Job finde. So war und ist es nach alten Verträgen beim RBB auch in anderen Fällen Usus. Die ehemalige Juristische Direktorin will da womöglich keine Ausnahme bilden. Ein Gütetermin vor dem Berliner Arbeitsgericht ist Ende Januar gescheitert. Für den 7. Juni ist die nächste Verhandlung angesetzt. Bis dahin werden wir von der RBB-Skandalserienfolge „Die Aufarbeitung“ noch einiges hören.