Protest gegen Kohleabbau : Prominente fordern Räumungsstopp in Lützerath
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Gehört zu den Unterzeichnern des offenen Briefs der Prominenten: die Schauspielerin Katja Riemann. Bild: dpa
Rund 500 Forscher und mehr als 200 Prominente fordern in offenen Briefen, die Räumung des Weilers Lützerath für den Braunkohleabbau sofort zu beenden. Es gehe hier um einen Vorgang von globaler Bedeutung.
Wissenschaftler und Prominente fordern in offenen Briefen einen sofortigen Stopp der am Mittwoch begonnen Räumung von Lützerath. Ein Moratorium würde einen Dialog mit allen Betroffenen und die Überprüfung der Gründe für die Räumung ermöglichen, heißt es in einem von „Scientists for Future“ veröffentlichten Brief, den mehr als 500 Forscher unterschrieben haben. Ähnlich äußern sich mehr als 200 Prominente, darunter die Schauspielerinnen Katja Riemann, Sandra Hüller und Luisa-Céline Gaffron, die Schauspieler Peter Lohmeyer und Robert Stadlober, der Pianist Igor Levit, die Bands Sportfreunde Stiller, Deichkind und Revolverheld und die Influencerin Louisa Dellert, in einem weiteren offenen Brief, der unter anderem auf Instagram veröffentlicht wurde. Initiiert wurde der Brief von den Schauspielern Luisa-Céline Gaffron und Jonathan Berlin
Das Abbaggern der Kohle in Lützerath sei „nicht nur eine Frage der Existenz eines Dorfes, sondern eine Causa, die von globaler und klimapolitisch richtungsweisender Bedeutung ist“, heißt es in dem an Bundesregierung, NRW-Landesregierung sowie Bundes- und Landtag gerichteten Brief der Prominenten. „Lützerath kann zu einem Moment der Zukunft, des klimapolitischen Aufbruchs und der Demokratie werden - oder zu einem verheerenden Signal, wenn hier Konzerngewinne über den Schutz des Allgemeinwohls gestellt werden.“
„Ihr räumt, wir kommen“
Am Donnerstag wollen unter anderen Gaffron, die Mitunterzeichnerin und Moderatorin Louisa Dellert, die Klimaaktivistinnen Luisa Neubauer und Pauline Brünger sowie der Greenpeace-Bundesvorsitzende Georg Jansen nach Lützerath kommen, wie Fridays for Future ankündigte. „Ihr räumt, wir kommen“, erklärte Neubauer. Wenn die Regierung die im Pariser Klimaabkommen festgelegte 1,5-Grad-Grenze nicht einhalte, müsse die Zivilgesellschaft friedlich protestieren.
Die Polizei hat am Mittwochmorgen mit der Räumung des Weilers Lützerath für den Braunkohleabbau begonnen. Die Abbaggerung des Ortes ist Teil eines politischen Kompromisses: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (beide Grüne) hatten sich im Oktober 2022 mit RWE auf einen vorgezogenen Braunkohleausstieg 2030 verständig. Klimainitiativen widersetzen sich den Maßnahmen, teils mit Gewalt. Sie wollen den Abbau der Kohle unter dem Weiler und die damit verbundenen CO2-Emissionen verhindern.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in Berlin, es gebe „eine eindeutige Rechtslage“, wonach Lützerath abgerissen und die Kohle unter dem Ort abgebaggert werden könne. Die Bundesregierung erwarte, dass das Recht eingehalten werde, und die Polizei sei dafür da, geltendes Recht auch durchzusetzen.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) appellierte erneut an alle, die sich für das Klima einsetzen, „sich von den Randalierenden, von den Chaoten“ zu distanzieren und wegzugehen. „Man kann woanders demonstrieren“, sagte er in einem vom „Bonner General-Anzeiger“ auf Twitter verbreiteten Video. Eigentlich könnten die Aktivisten doch mit dem Konsens leben: „Es gibt einen Sieg für alle, die sich ums Klima kümmern - auf voller Linie“, unterstrich er. „Es wird weniger abgebaggert, es bleiben Dörfer stehen, der Hambacher Forst bleibt stehen. Es wird ein klitzekleiner Teil jetzt noch abgebaggert.“
Unterdessen erklärte die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), dass die Berichterstattung über Lützerath erschwert werde. Nach den ersten vier Stunden der Räumung ziehe die Gewerkschaft „eine erste negative Zwischenbilanz der Pressefreiheit“, twitterte Jörg Reichel, Geschäftsführer der dju Berlin-Brandenburg.