Präsidentenwahlkampf : Feind schneidet mit
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Heimlich gefilmt: Ségolène Royal hat Gegner in den eigenen Reihen Bild: AFP
Im Internet kursieren diskreditierende Filmchen, die Fernsehsender bekommen PR-Material: Noch nie war der Umgang mit den Bildern so zynisch wie in diesem Wahlkampf um Frankreichs Präsidentenamt. Auch die Sozialistin Ségolène Royal wurde von Genossen gefilmt.
Der französische Wahlkampf um die Präsidentschaft läuft auf Hochtouren. Noch nie war vor einer politischen Entscheidung der Umgang mit den Bildern so zynisch und professionell inszeniert wie diesmal. Das hat natürlich mit der Entwicklung und Bedeutung der Medien zu tun. Aber nicht nur: Dem Übermaß an Bildern stehen die inhaltlichen Defizite gegenüber. Und noch schwerer wiegt das Mißtrauen der Wähler, die überhaupt nicht mehr glauben, was Politiker im Wahlkampf versprechen.

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Im Internet zirkulieren Sequenzen mit Aufnahmen und Kommentaren der Kandidaten, die von den jeweiligen Gegnern ins Netz gestellt werden. Es handelt sich um Videos, die im privaten Rahmen entstanden oder bei mehr oder weniger öffentlichen Veranstaltungen von „Piraten“ - mit dem Handy oder Kleinkameras - aufgezeichnet wurden. So hatte Ségolène Royal Anfang des Jahres, als sie noch nicht Kandidatin war, einmal erklärt, die 35-Stunden-Woche müßte auch für Lehrer gelten: diese sollten sich so lange in den Schulräumen aufhalten. Nur wenige Leute waren dabei - einer hat gefilmt. Ein Vertreter der Lehrergewerkschaft, ein Gegner? Die Lehrer wählen mehrheitlich sozialistisch und sollen mit dieser Sequenz gegen Ségolène Royal aufgebracht werden. Auch andere Sequenzen von Anhörungen der Kandidaten Royal, Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius sind zu sehen. Sie wurden heimlich bei den Anhörungen, die nicht öffentlich waren, gefilmt: von Genossen.
Bilder aus der zweiten Reihe oder PR-Material
Der nicht immer fairen Subversion im Internet steht eine zunehmende Disziplinierung des Fernsehens zu Propagandazwecken gegenüber. Inzwischen sind alle Kandidaten extrem medienerfahren. Nichts wird dem Zufall überlassen. Jede Debatte, jeder Auftritt wird von den Medienberatern ausgehandelt. Auch bei früheren Kampagnen haben Politiker wie Chirac und Mitterrand ihre Auftritte von ausgewählten Regisseuren filmen lassen - aber diese sollten ihnen vor allem ein Denkmal für die Geschichte zusammenschneiden. Sie bekamen dafür einen privilegierten Zugang zu den Meetings, durften im Auto filmen oder auch im Hotelzimmer. Die Hoheit über die Bilder behielten die Auftraggeber.
Diesmal ist gleichwohl alles etwas anders. Nicolas Sarkozy hat nicht einen bekannten Regisseur, sondern die Produktionsfirma ETC beauftragt, seine Wahlveranstaltungen zu filmen. Deren Kameraleute dürfen von hinten und von vorne, aus der Nähe und der Ferne drehen - im Gegensatz zu den Journalisten der öffentlich-rechtlichen wie der privaten Medien. Die offiziellen Berichterstatter bekommen meist schlechte Plätze zugewiesen, die sie nicht verlassen dürfen. Das Resultat sind wenig attraktive Bilder, die den Redaktionen nicht gefallen. Und die sich zunehmend damit behelfen, daß sie Bilder von ETC übernehmen, die man ihnen ebenfalls anbietet - und auch noch zum Nulltarif. Nachdem sie sorgfältig ausgewählt und zum Vorteil des Kandidaten arrangiert wurden. Das öffentliche wie das private Fernsehen lassen sich auf diese Art und Weise manipulieren, mehrmals waren in der Tagesschau Berichte mit ETC-Material zu sehen. Gegen die Verwendung dieser „Propagandabilder“, die unter der Kontrolle des Kandidaten und Innenministers Sarkozy entstanden sind, haben nun Journalisten der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten protestiert.