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Medienaufsicht verfügt : Pornoportal xHamster wird im Netz gesperrt

Bislang ohne Altersprüfung zugänglich: Das Pornoportal xHamster Bild: dpa

Das Pornoportal xHamster ist bei Internetnutzern in Deutschland sehr beliebt. Jetzt soll es wegen Verstoßes gegen den Jugendschutz gesperrt werden. Das haben die Landesmedienanstalten verfügt.

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          Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) der deutschen Landesmedienanstalten hat am Donnerstag einstimmig beschlossen, eine Netzsperre gegen die Pornoseite „xHamster“ zu verhängen. Das Angebot, das die ganze Bandbreite von Pornographie vorhält, von professionell produzierten Filmen bis zu heimlich aufgenommenen Videos und Bildern, darf für deutsche Nutzer nicht mehr zugänglich sein, weil – es gegen den Jugendschutz verstößt und keine hinreichenden Vorkehrungen dagegen getroffen hat, dass auch Kinder und Jugendliche die Videos und Fotos sehen. Es fehlt ein sicheres System der Altersverifikation. Wer bei xHamster eingibt, dass er älter als 18 Jahre ist, hat Zugang. Das, so die KJM, verstoße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und sei damit gesetzeswidrig. Daher müssten nun als erstes die fünf größten deutschen Internetanbieter den Abruf der Seite „de.xhamster.com“ blockieren.

          Michael Hanfeld
          verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

          Vorausgegangen ist der Sperrverfügung dem eine Odyssee, die zeigt, wie schwierig es für die Medienaufsicht ist, gegen illegale Angebote im Netz vorzugehen. Zunächst machte die Landesanstalt für Medien NRW, die das Verfahren aufnahm, die Betreiber von xHamster ausfindig – die von zwei Russen geführte Firma Hammy Media Ltd. mit Sitz in Zypern. Sodann kontaktierte die Landesmedienanstalt die zyprische Medienaufsicht. Diese teilte im Oktober 2019 mit, sie könne nicht selbst tätig werden, habe aber nichts dagegen, wenn die Deutschen etwas unternähmen. Davon setzte die Landesmedienanstalt die Europäische Kommission, die Landesregierung in Düsseldorf und die Bundeskulturstaatsministerin in Kenntnis.

          Aus Zypern keine Reaktion

          Die Hammy Media wurde angefragt, reagierte nicht, die KJM stellte fest, dass die Firma gegen den Jugendschutz verstößt, es gab einen Verwaltungsbescheid. Der konnte im Mai 2020 zugestellt werden, war in Zypern aber nicht vollstreckbar. Nun suchte die Landesmedienanstalt den Host-Provider, also das Unternehmen, das die Inhalte von xhamster auf seinen Servern vertreibt. Die Medienaufseher stießen auf die Firma Cloudflare Inc. Im nächsten Schritt wendeten sie sich an die Internetdienste, über deren Netze die Server von Cloudfare Inhalte ausspielen – Vodafone und die Telekom. Cloudfare verriet schließlich, dass ihre Server Inhalte über das Netz der DataWeb Global Group B.V. ausspielen. Diese antwortete, sie habe keinen Zugriff auf die Inhalte von xhamster und könne folglich nicht dafür sorgen, dass deutsche Nutzer die xhamster-Pornos nicht zu Gesicht bekommen. Die DataWeb Global Group hat ihren Sitz in den Niederlanden. Also wendete sich die Landesmedienanstalt NRW an das zuständige Commissariaat voor de Media. Das Commissariat teilte im November 2020 mit, man stehe einem Einschreiten der Kollegen aus Düsseldorf nicht im Wege. Auch über diesen Sachstand ging eine Info an die EU, die Staatskanzlei NRW und den Bund. In der zweiten Runde wiederholte sich das Prozedere der ersten: Anhörung DataWeb Global Group, keine Reaktion, die KJM entschied, die Niederländer müssten xhamster sperren, Verwaltungsbescheid im Juni 2021, doch kann der genau so wenig vollstreckt werden wie zuvor der erste in Zypern, weil es zwischen den Niederlanden und der Bundesrepublik kein entsprechendes Abkommen gibt.

          Da könnte man die Waffen strecken. Da für den Chef der Landesmedienanstalt NRW, Tobias Schmid, aber die Losung „No Surrender“ gilt, traten er und seine Kolleginnen und Kollegen aus Bayern, Berlin und Rheinland-Pfalz an die „Access-Provider“ heran, also die Großen im Geschäft, die technischen Dienstleister, die Firmen und Privatleuten den Zugang zum Internet ermöglichen, in Deutschland sind das die Telekom, 1&1, Alice, Freenet und Vodafone. Da diese Unternehmen greifbar sind, müssen sie die von der KJM beschlossene Sperre vollziehen und – xHamster vom Netz nehmen.

          Die Netzsperre ist die schärfste Sanktion, die das deutsche Telemediengesetz vorsieht, sie ist unpopulär und wird schnell als „Zensur“ verbucht. „Natürlich ist eine Netzsperre ein dramatischer Eingriff“, sagt Tobias Schmid: „Bei diesem Angebot dürfte allerdings das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht allzu sehr betroffen sein. Es handelt sich schlicht um ein Geschäft mit Pornografie und das zu Lasten von Kindern und Jugendlichen.“ Einen Schönheitsfehler hat die nach zähem Ringen und Recherchieren erreichte Sperre allerdings. Sie richtet sich gegen die „Domain“, also den Namen. Taufen die Hammy-Betreiber xHamster in xHase, xHirsch, xMeerschweinchen oder xIgel um, beginnt das Rennen von vorn.

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