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Nominierung zurückgezogen : Kein Grimme-Preis für „Lovemobil“

  • Aktualisiert am

Echt oder echt inszeniert: Szene aus dem Film „Lovemobil“ Bild: obs

Der vom NDR mitproduzierte und wegen inszenierter Szenen einkassierte Dokumentarfilm „Lovemobil“ ist beim renommierten Fernsehpreis aus dem Rennen. Auch der SWR prüft seine Preisvergabe.

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          Als Reaktion auf bekanntgewordene Unstimmigkeiten bei dem Dokumentarfilm „Lovemobil“ prüft der SWR nun dessen Auszeichnung mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis. Die Regisseurin und Produzentin, Elke Margarete Lehrenkrauss, hatte 2020 den von SWR und MFG Baden-Württemberg gestifteten Hauptpreis erhalten. Der SWR will aufgrund der neuen Erkenntnisse die Preisvergabe überprüfen und die Auszeichnung gegebenenfalls aberkennen.

          Zurückgezogen wurde wiederum die Nominierung des Films für den Grimme-Preis. Die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, teilte mit, die Nominierungskommission des Preises habe „nach Kenntnisnahme der massiven Vorwürfe“ entschieden, „der Produktion aufgrund schwerwiegender Verstöße die Nominierung zu entziehen“. Man unterstütze die Entscheidung der Kommission nachdrücklich.

          Am Montag hatte der Norddeutsche Rundfunk den Fall bekanntgemacht. Der Sender hatte den Film mitproduziert und sich nun wegen Unstimmigkeiten distanziert. Vorerst wurde er aus der ARD-Mediathek genommen und für Wiederholungen gesperrt. Teile des Films, der von Straßenprostituierten handelt, sollen frei mit Darstellerinnen inszeniert worden sein.

          Klarheit über die Machart des Films

          In „Lovemobil“ geht es um das Leben von Prostituierten in Wohnmobilen am Rande von Bundesstraßen in Niedersachsen. Der Film kam im Frühjahr 2020 ins Kino und lief auf Festivals. Das NDR-Fernsehen zeigte ihn im Dezember. Durch Recherchen erlangte der Sender aber nun erst Klarheit über die Machart des Films.

          Die Autorin Elke Margarete Lehrenkrauss bat um Entschuldigung, wenn sich Menschen nun durch den Film betrogen fühlten. „Das war nicht meine Absicht“, sagte sie. Sie habe an einzelnen Stellen die mit wirklichen Prostituierten recherchierten Begebenheiten mit Darstellerinnen nacherzählt, um die Frauen zu schützen oder, weil eine Filmaufnahme am Ende nicht möglich gewesen sei. „Im Film ist nichts ausgedacht, was es so nicht gibt. Wir haben es nur mit Darstellerinnen nacherzählt.“ Es sei aber ein Fehler gewesen, „diesen Film nicht zu kennzeichnen“. Sie habe den NDR gebeten, ihn als künstlerischen Film auszuweisen, das sei aber nicht geschehen. „Es hat einfach an der richtigen Etikettierung gefehlt.“

          Es habe Schwierigkeiten bei der Kommunikation gegeben. Man solle den Film nachträglich besser kennzeichnen, etwa mit einem Textfeld zu Beginn oder Ende, das darauf verweist, dass Teile des Films mit Darstellerinnen realisiert worden seien. Lehrenkrauss hatte mit „Lovemobil“ vergangenes Jahr den Deutschen Dokumentarfilmpreis gewonnen. Der Film wurde mit öffentlichen Mitteln der Nordmedia Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen gefördert. Auf Anfrage teilte der Bereichsleiter Film- und Medienförderung, Jochen Coldewey, mit: „Wir hatten im konkreten Fall keinen Anhaltspunkt, an der Authentizität zu zweifeln.“ Der Film sei über einen sehr langen Zeitraum von rund vier Jahren mit einer Vielzahl von Drehtagen und Protagonisten entstanden. „Eine intensive Begleitung solcher Dreharbeiten ist für eine Filmfördereinrichtung nicht leistbar.“

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