Neuer Fall Relotius? : „SZ Magazin“ trennt sich von Autor
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Auch beim „SZ Magazin“ hat ein Autor offenbar Teile seiner Geschichten erfunden. Bild: Picture-Alliance
Nach dem Fälschungsskandal beim „Spiegel“ steht ein Autor des „SZ Magazins“ unter Verdacht, Geschichten gefälscht zu haben. Der preisgekrönte Reporter soll eine Protagonistin erfunden haben. Er schrieb auch für „Spiegel“ und „Zeit“.
Das „SZ Magazin“ hat sich von einem freien Autor und Kolumnisten getrennt, nachdem eine Überprüfung seiner Recherchen falsche Darstellungen ergeben hat. Der Journalist war von der Redaktion zuletzt mit einer Geschichte über Beziehungen betraut worden. Wie der Branchendienst „Meedia“ berichtet, enthielt der vor einigen Monaten abgegebene Text, der im Januar veröffentlicht werden sollte, jedoch Fehler, die Zweifel an seiner Arbeit aufkommen ließen. Der Verlag spreche von einem „groben Verstoß gegen journalistische Standards“.
Die Chefredaktionen der „Süddeutschen Zeitung“ und des „SZ Magazins“ äußerten sich am Mittwoch gemeinsam schriftlich zu den Vorwürfen: Ein für den Druck vorgesehener Text des freien Journalisten sei nicht veröffentlicht worden, „weil Redaktion und Dokumentation des Magazins feststellen mussten, dass eine die Geschichte tragende Person nicht existiert.“ Man habe die Zusammenarbeit mit dem Autor „mit sofortiger Wirkung“ eingestellt. Der Reporter, der Träger des Henri-Nannen-Preises und des Reporterpreises ist, hat laut Stellungnahme der Chefredaktion zugegeben, dass die Zweifel an seiner Geschichte berechtigt seien.
Prüfung weiterer Texte
Unklar ist noch, ob weitere Texte des Autors, der auch für den „Spiegel“ und die „Zeit“ schrieb, Falschdarstellungen aufweisen. Auf der Webseite sueddeutsche.de sind nach „Meedia“-Angaben mehr als vierzig Artikel unter seinem Namen abrufbar. Er schrieb über Sport- und Gesellschaftsthemen. Die im „SZ Magazin“ und der „Süddeutschen Zeitung“ erschienenen Stücke sind laut Chefredaktion bereits überprüft worden: Sie hätten „keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es weitere schwerwiegende Verstöße gegen unsere journalistische Standards gegeben hat.“ In einem Text wurden offenbar fremdsprachige Zitate unsauber wiedergegeben und dadurch Sachverhalte ungenau dargestellt.
Die Geschichte mit der erfundenen Protagonistin ist aufgrund der redaktionellen Prüfung nicht im „SZ Magazin“ erschienen. „Unsere Verfahren zur Prüfung von journalistischen Texten haben funktioniert“, heißt es aus der Chefredaktion. „Trotzdem werden wir diesen Vorfall zum Anlass nehmen, unsere redaktionsinternen Abläufe gerade bei der Verifizierung und Dokumentation von Texten weiter zu verbessern.“
Bei „Spiegel“ und „Zeit“ werden die Texte des Autors gerade geprüft. Während man beim „Spiegel“ noch mit der Aufarbeitung der Fälschungen von Claas Relotius beschäftigt ist, würden die insgesamt 43 Veröffentlichungen, die der „SZ Magazin“-Autor beim „Spiegel“ hatte, nun abermals in die Dokumentation gegeben, teilte der „Spiegel“ mit. Bislang seien keine Hinweise auf bewusste Manipulationen festgestellt worden. Unter den Online-Veröffentlichungen seien diverse Übernahmen von anderen Medien. Eine gedruckte Geschichte stammt aus der Serie „Homestory“, in der Autoren persönliche Erfahrungen beschreiben, die sich schwerlich überprüfen lassen. Bei rund der Hälfte der Artikel sei die Überprüfung noch nicht beendet, sollten sich Hinweise auf Manipulationen finden, werde man dies öffentlich machen.
An die Publikationen der „Zeit“ hat der Autor offenbar auch mehrere Stücke verkauft, die von subjektiven Erlebnissen handeln. Auf Anfrage von FAZ.NET teilte eine Verlagssprecherin der „Zeit“ mit, man prüfe alle Texte des freien Mitarbeiters. Dies geschehe „unter Mithilfe des Autors, der uns seine Rechercheunterlagen zur Verfügung gestellt hat“. Die Prüfung dauere an, bislang hätten sich „alle Orte, Personen und Ereignissen als real erwiesen“. Es seien einige sachliche Fehler und „Ungenauigkeiten der Schilderung“ aufgefallen. Nach dem Ende der Recherchen werde man über eine abschließende Bewertung und mögliche Konsequenzen „zeitnah“ beraten.