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Streamingdienst : Von Netflix kommen auch Super-Flops

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Vier Stücke hat Netflix mit ihm vereinbart: Adam Sandler in „The Ridiculous 6“.
Vier Stücke hat Netflix mit ihm vereinbart: Adam Sandler in „The Ridiculous 6“. : Bild: Netflix

Der Film erzählt auf unangenehm gelangweilte Weise von einem jungen Mann namens Tommy „White Knife“ Stockburn (Sandler), der nach der Ermordung seiner Mutter bei den Apachen aufwuchs und lauter tolle Messertricks kennt. Als sein kränkelnder Vater Frank (Nick Nolte) auftaucht und vor Tommys Augen von der Bande des Banditen Cicero (Danny Trejo) entführt wird, dem Frank 50 000 Dollar schuldet, entschließt sich Tommy, das Geld aufzutreiben und seinen Vater zu retten. Dabei läuft er fünf Typen über den Weg, die ebenfalls Frank Stockburns Sprösslinge sind - darunter ein dusselig-gutgelaunter Bauernjunge, ein verwilderter Hinterwäldler und ein Ex-Leibwächter. Sie schließen sich Tommy an. Erschwert wird die Mission der lächerlichen sechs von einer Gang von Augenklappenträgern, die ähnlich wildentschlossen und unterbelichtet sind wie Tommy und seine Halbbrüder.

Ein Esel ist der running gag

Am Zustandekommen der klamaukigen Kalauer-Parade kann man erkennen, in welches Stadium Netflix binnen kurzer Zeit eingetreten ist: Der Streamingdienst schließt Mega-Deals mit Stars ab, deren Prominenz allein freilich nicht reicht, um das Publikum für sich zu gewinnen. Netflix hatte Sandlers „The Ridiculous 6“ angenommen, nachdem er damit bei drei Produktionsstudios durchgefallen war. Sony, Paramount und Warner Bros. hatten abgelehnt, womöglich auch mit Blick auf Sandlers letzten Flop „Urlaubsreif“, der kaum sein Budget einzuspielen vermochte. Aber Sandlers Filme sind bei aller markanten Tumbheit oft Kassenerfolge. Der Netflix-Programmchef Ted Sarandos stellte die Zusammenarbeit mit dem Schauspieler („er ist eine der wenigen echten Hollywood-Marken“) jedenfalls seinerzeit voller Stolz vor. Dass ein Star wie Sandler zudem gleich vier Projekte statt im Kino auf der Streamingplattform Netflix präsentieren würde, sorgte in Hollywood für Aufsehen.

Waren in Las Vegas bester Stimmung: Netflix-Programmchef Ted Sarandos, Chelsea Handler, Will Arnett, Krysten Ritter und Wagner Moura (von links).
Waren in Las Vegas bester Stimmung: Netflix-Programmchef Ted Sarandos, Chelsea Handler, Will Arnett, Krysten Ritter und Wagner Moura (von links). : Bild: AFP

Schlagzeilen machte „The Ridiculous 6“ dann zunächst, weil indianische Schauspieler, zumeist Navajo, und der kulturelle Berater der Produktion das Set in New Mexico aus Protest gegen rassistische Untertöne der Produktion verließen. Sie ärgerten sich über idiotische Indianer-Stereotypen und über zotige Frauennamen. Mit so etwas muss man bei einem Stück von Adam Sandler rechnen. Zum politischen Skandal indes taugen seine „Lächerlichen Sechs“ nicht, sie sind aber auch zu lahm für eine gute Komödie. Adam Sandler, der das Drehbuch gemeinsam mit Jim Herlihy schrieb, hat lustlos ein Stück zusammengekloppt, das vor müden Klischees und halbgaren Scherzen nur so strotzt. Running Gag des Films ist ein inkontinenter Esel.

Ein Rätsel bleibt, warum renommierte Akteure wie Harvey Keitel, Steve Buscemi und John Turturro sich für diesen Quatsch hergeben. Keitel tritt als böser Saloonbesitzer auf, er muss wie Buscemi als Zahnarzt für die gröberen Geschmacklosigkeiten des Films herhalten. Turturro darf als verbürgte Figur des Generals Abner Doubleday in einer amüsanten Szene wenigstens das Baseball-Spiel erfinden. Neben Doubleday tauchen eine Reihe weiterer historischer Figuren auf - darunter Abraham Lincoln, Wyatt Earp und Mark Twain. Ein anspruchsvoller Produzent hätte aus all dem eine akzeptable Western-Parodie machen können. Sandler kann es nicht.

Die Hollywood-Studios, deren berüchtigte Eingriffe in Filmprojekte ja auch nicht immer zu sehenswerten Ergebnissen führen, mögen sich bestätigt fühlen. Auf der Rezensionsskala der Website „Rotten Tomatoes“ erhielt „The Ridiculous 6“ die seltene Beifallsquote von null Prozent. Doch damit kann Sandler leben - er muss ja nicht an der Kinokasse reüssieren. Und auch Netflix kann es verschmerzen, zumindest nach außen hin. Seine Zuschauerzahlen gibt der Konzern nämlich nicht preis. Auf manches können sich die angeblich weltweit siebzig Millionen Abonnenten von Netflix weniger freuen, als dass sie das Nahende zu fürchten haben. Von Adam Sandler kommen bei Netflix schließlich noch drei Stücke. Dass sie in 190 Ländern laufen werden, ist garantiert.

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