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Serie „Navy CIS“ : Gibbs kehrt nicht nach Hause zurück

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Der Eine geht, der Andere übernimmt: Mark Harmon (li.) und Gary Cole Bild: Getty

Die Fernsehserie „Navy CIS“ wird seit 2003 produziert und ist damit eine von Amerikas am längsten laufenden Serien. Jetzt verliert sie ihre Hauptfigur. Was nun?

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          „Ich gehe nicht zurück, Tim. Ich kehre nicht zurück nach Hause.“ Mit diesen Worten leitete Leroy Jethro Gibbs in der vierten Episode der zurzeit laufenden neunzehnten Staffel von „Navy CIS“ seinen Abschied nicht nur von seinem Kollegen Timothy McGee und dem restlichen „Navy CIS“-Team ein, sondern auch von den Fans einer der am längsten laufenden und erfolgreichsten Serien im amerikanischen Fernsehen. Gibbs beschließt, sich in einem verschlafenen Örtchen in Alaska niederzulassen, wo er meint, „Frieden gefunden“ zu haben.

          Achtzehn Jahre lang spielte Harmon den einstigen Scharfschützen der Marines, der nach der Ermordung seiner Frau und Tochter durch einen mexikanischen Drogendealer ein Team des Naval Criminal Investigative Service kommandiert. Gibbs ist ein Mann alter Schule, und er war seinem Team – darunter der ungestüme Charmeur DiNozzo (Michael Wea­therly), der Cyberexperte McGee (Sean Murray), die Laborspezialistin Abby (Pauley Perrette) und der Mediziner-Haudegen Ducky (David McCallum) – eine Leitfigur, die die Ermittlungen in verschiedenen, bisweilen internationalen Kriminalfällen mit fairer, aber strenger Hand leitete. „Navy CIS“, so wurde vielfach bemerkt, sei an erster Stelle gar kein Krimi, sondern ein Arbeitsplatz-Drama, bei dem die Chemie der Figuren einfach stimmte und man sich immer auf die nächsten Reibereien freute, die unter Druck natürlich der Professionalität eines hochkompetenten Teams wichen. „Es ist eine echt gute Truppe“, sagte Harmon einst in einem Gespräch über seine Schauspielkollegen.

          Zuletzt schalteten rund acht Millionen Amerikaner ein

          Viele Staffeln lang rangierte „Navy CIS“ unter den meistgesehenen Programmen im amerikanischen Fernsehen. Mehr als zweiundzwanzig Millionen Zuschauer schalteten 2013 die meistgesehene Episode „Shiva“ in der zehnten Staffel ein und machten die Serie zum König des amerikanischen Unterhaltungsfernsehens. Am besten war die Serie „NCIS“, wie sie im Original heißt, als sie ihren Reiz noch aus dem Geflachse zwischen Michael Wea­therlys unbekümmerter, über die Stränge schlagender Figur DiNozzo und dem stillen Gibbs zog, der DiNozzo mit nur manchmal nachsichtiger Autorität wieder auf Reihe brachte. Zuletzt schalteten rund acht Millionen Amerikaner ein, im Streamingzeitalter immer noch ein ansehnliches Ergebnis. Und die Serie ist nicht nur in den USA, sondern auch international ein Renner. Harmon gestand, dass er als Tourist in Europa nicht mehr unerkannt über die Straße gehen könne – auch wenn er betonte, dass ihn das mitnichten störe. Mark Harmon stand seiner Figur bei öffentlichen Auftritten in Anstand und Bescheidenheit wenig nach.

          Aber im Laufe der Jahre löste sich die enge Bindung der „Navy CIS“-Figuren, deren Darsteller auch am Set wie eine Familie wirkten, nach und nach auf. 2013 verließ Coté de Pablo, die als ehemalige Mossad-Agentin Ziva David eine romantische Beziehung mit Michael Weatherlys Tony DiNozzo hatte, die Serie. Weatherly selbst stieg 2016 aus der Band aus, um eine Solokarriere mit der Anwaltsserie „Bull“ zu starten – er sei „ausgebrannt“, sagte Weatherly damals. 2018 warf Pauley Perrette, die als nerdige Chemikerin Abby Sciuto vor allem junge Fans zu der Serie zog, das Handtuch, und mit ihr ging erstmals jemand im Zorn. Angeblich hatte sie sich am Set mit Harmon überworfen, in vagen Tweets sprach sie von „mehrfachen körperlichen Angriffen“. Was genau geschehen war, blieb im Dunkeln.

          Für manche Fans scheint die Serie vorüber

          Aber wechselnde Teammitglieder waren Teil der Show. Immer wieder hatte sich die Serie mit neuen Figuren neu aufgestellt. Einige wenige sind bis jetzt geblieben – darunter der Computerspezialist Timothy McGee (Sean Murray) und der Gerichtsmediziner und spätere NCIS-Historiker „Ducky“ Mallard, dessen Darsteller David McCallum inzwischen achtundachtzig Jahre alt ist.

          Aber mit Harmon verlässt nun der Übervater der Serie das Schiff, der Mann, der es steuerte, der mit seiner stillen Geradlinigkeit maßgeblich zum Erfolg der Serie beitrug. „Wenn diese Show einmal vorüber ist“, sagte Harmon 2012, „wird es wohl für die meisten von uns keine weitere mehr wie diese geben.“ Für manche Fans scheint die Serie vorüber, wenn Gibbs nicht mehr dabei ist. Sie sind mit Harmons Figur über fast zwei Jahrzehnte groß geworden oder gealtert, und wie das nun ohne ihn weitergehen soll, kann man sich nur schwer vorstellen. „Ich habe jede einzelne Episode verfolgt“, schrieb ein Fan auf dem Instagram-Account der Serie. Ich habe Leute kommen und gehen sehen, Kate, Ziva, Tony, Abby, sogar Bishop, aber NCIS ist Gibbs. Er geht, ich gehe!“

          An Gibbs Stelle soll nun der Agent Alden Parker (Gary Cole) treten – sehr zum Ärger einiger Fans, die McGee als Thronfolger sahen. Andere sprachen sich dagegen für Cole aus. Indes könnte Harmon, der auch als Produzent der Serie fungiert und als solcher offenbar dabei bleibt, durchaus wieder vor der Kamera auftauchen. Das zumindest stellte der Showrunner Steven Binder in Aussicht. „Uns ging es immer darum, der Authentizität unserer Figuren treu zu bleiben. Wenn es also um die Zukunft von Gibbs geht, haben Fans der Serie sicher schon gemerkt: Gibbs sollte man nicht so einfach abschreiben.“

          Die Frage ist, ob man nun „NCIS“ abschreiben muss. Es ist nicht die erste Serie, die ihren Hauptdarsteller ziehen lässt. Schon andere große Serien haben nach dem Ausstieg der Zentralfigur weitergemacht – Steve Carell verließ 2011 „The Office“, Charlie Sheen wurde, ebenfalls 2011, in „Two and a Half Men“ durch Ashton Kutcher ersetzt, und David Duchovny stieg 2002 bei „Akte X“ aus. Funktioniert hat das nicht. Ob es bei „Navy CIS“ klappt?

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