Kolumne über Polizei : Die Müllabfuhr der „taz“
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Die „taz“ steht wegen Kolumne in der Kritik. Bild: dpa
Warum bringt die „taz“, die sonst gerne gegen „Hass im Netz“ anschreibt, Texte, die – mit vertauschten Feindbildern, ansonsten wortgleich – in rechten Hetzblättern stehen könnten?
Die Online-Ausgabe der „taz“ schreckt vor großen Fragen nicht zurück: „Falls die Polizei abgeschafft wird, der Kapitalismus aber nicht: Was passiert dann mit all den Menschen, die heute bei der Polizei sind?“, fragte dort die Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah. Sie hat für die dann arbeitslosen rund 300.000 Beamten schlechte Aussichten: „Einfach in neue Berufe stecken? Weil das nach 1945 so gut funktioniert hat? Fehlanzeige.“ Machtpositionen kämen nicht in Frage, „streng genommen möchte man sie nicht einmal in die Nähe von Tieren lassen“. Bei der Post? „Zwischen Büchersendung und Schuhbestellung passt immer eine Briefbombe.“ Maniküre? „Eine Nagelfeile ist eine Waffe.“ Selbst Geschirr dürften die Ex-Polizisten nicht bemalen, „zu naheliegend, dass sie unter der Hand Hakenkreuz-Teeservice herstellen und sich mit den Einnahmen das nächste Terrornetzwerk querfinanzieren“. Zu Ende gedacht, bleibt nur: „die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“
Wer schreibt so etwas? Yaghoobifarah arbeitet als freie Autorin, verfasst seit 2016 die Kolumne „Habibitus“ bei der „taz“ und wirkte beim 2015 eingestellten Blog „Ich. Heute. 10 vor 8.“ dieser Zeitung mit. Als sie 2017 in einer Kolumne die Kultur der „Kartoffeln“ und „Lauchs“ (gemeint sind: Deutsche) als „Dreckskultur“ bezeichnete, löste das einen mittleren Aufschrei aus, der heute müßig wirkt. Denn in dem Duktus ging es weiter, hier zitatweise dokumentiert: „Trust no white bitch“ (2016), „Deutsche, schafft Euch ab!“ (2017), „Auch sie sind Schweine“ (2018, über Frauen, die sich der MeToo-Bewegung verschließen), „Vielleicht betrachten Almans Rex & Co. als ihresgleichen, weil sie oft selber Hunde sind“ (2019), „Friedrich Merz ... Seine Strategie gegen rassistische Gewalt? Verstaatlichte rassistische Gewalt“ (2020). Ironie oder ein doppelter Boden sind nirgends erkennbar, auch in der Kolumne über Polizisten nicht.
Warum bringt die „taz“, die sonst gerne gegen „Hass im Netz“ anschreibt, Texte, die – mit vertauschten Feindbildern, ansonsten wortgleich – in rechten Hetzblättern stehen könnten? Geht es ums Aufheizen des Diskurses um jeden Preis, wie man es der Konkurrenz, namentlich Springer, mit dem Gestus der Erhabenheit vorwirft? Von ihrer scheinbaren moralischen Überlegenheit will die „taz“ nicht lassen, wie sich auf unsere Anfrage zeigt: Die Bezeichnung von Menschen als Müll widerspreche dem Selbstverständnis der Zeitung. Manchmal vergreife Satire sich in der Wortwahl.
Autorinnen oder Autoren, die selbst mehrfach Ziel von Rassismus geworden seien, könnten gleichwohl ein anderes Verhältnis zu dem Thema haben und das „in emotionalere und zugespitztere Worte fassen“. Damit scheint Yaghoobifarah aber auch die Schmerzgrenze von „taz“-Lesern überschritten zu haben: Nachdem sich zu dem Text entsetzte Reaktionen zuhauf fanden, schloss man die Kommentarfunktion; der „taz“-Twitter-Account schweigt. Bringt Yaghoobifarahs nächste Kolumne Licht ins Dunkel? Unser Vorschlag für die Überschrift: „Die beschissene Doppelmoral der Almans“.