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MDR-Chefin Wille will ins Netz : Netz für Gemeinwohl

  • -Aktualisiert am

Ihr Sender sieht kein Problem: die MDR-Intendantin Karola Wille. Bild: obs/MDR

Weil es im Internet zu viel Desinformation gebe, fordert die MDR-Intendantin Karola Wille eine öffentlich-rechtliche Kommunikationsplattform: Dafür müssten die Bundesländer ARD, ZDF und Deutschlandradio den Auftrag erteilen.

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          Ein zeitgemäßer Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wäre die „energische“ Weiterentwicklung der Rundfunkanstalten zu einem gemeinwohlorientierten Kommunikationsnetzwerk, das aus Audio-, Video- und Telemedienangeboten besteht und einen freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildungsprozess für alle ermögliche, sagt Karola Wille, Intendantin des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), und fordert dies von den Bundesländern: Der Auftrag müsse auch in Zukunft Information, Bildung, Kultur und Unterhaltung beinhalten. Entscheidend sei allerdings die Unverwechselbarkeit mit privaten Angeboten sowie der gesellschaftliche und individuelle Nutzen.

          Die Regierungschefs der Länder hatten nach dem Scheitern der Beitragserhöhung eine schnelle Reform des Auftrags angekündigt und ARD, ZDF und Deutschlandradio aufgerufen, sich mit eigenen Vorschlägen zu beteiligen. Wichtige Mittel im Netz, sagt Karola Wille, seien das Teilen von Inhalten und personalisierte Empfehlungssysteme. Personalisierung dürfe jedoch nicht zu einer Verengung des Rezeptionsverhaltens führen, sondern sollte auf vielfältige Inhalte abzielen.

          Die ehemalige ARD-Vorsitzende sieht in einem solchen Kommunikationsnetzwerk auch die Basis für ein kostengünstigeres Agieren der öffentlich-rechtlichen Sender. Zurzeit schreibe der Medienstaatsvertrag im Einzelnen vor, welche linearen Programme im Fernsehen und im Radio zu veranstalten seien. Lineare Programme sollten durch Online-Angebote ersetzt werden können. „funk“, das öffentlich-rechtliche Netzwerk für Jüngere, sei ein gutes Beispiel: Es informiere, orientiere und unterhalte. „funk“-Videos kämen in den Mediatheken von ARD und ZDF und auf Plattformen wie Youtube auf mehrere Millionen Abrufe.

          Die Debatte über die „zeitgemäße“ Formulierung des Auftrags werde durch das Mediennutzungsverhalten getrieben, sagt Karola Wille. Im Internet träfen Menschen bei der Informationssuche auch auf Wissenschaftsverweigerer und Verschwörungspropheten. Die Folge sei eine kommunikative Spaltung in gesellschaftliche Gruppen, die sich nicht mehr zuhören wollen, einander nicht mehr vertrauen und in verschiedenen Wirklichkeiten leben. All dies sei für die Demokratie von größter Bedeutung. Ein öffentlich-rechtliches Kommunikationsnetzwerk müsse ein Gegengewicht zu Desinformation darstellen.

          Die MDR-Intendantin beruft sich bei ihren Überlegungen auf das Bundesverfassungsgericht. In seinem Urteil zum Rundfunkbeitrag 2018 hielt das Gericht nicht nur am Konzept der dienenden Rundfunkfreiheit fest, sondern ging davon aus, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine wachsende Bedeutung bei der Sicherung der Meinungsvielfalt zukomme. Vor dem Hintergrund der Risiken, die von der Netz- und Plattformökonomie für das Diskursmodell des Grundgesetzes ausgingen, gehe es darum, „ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht“ zu bilden, so die Richter.

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