Mainzer Ministerium wirbt illegal : Ganz gezielt auf Grüne
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Sie wusste von nichts, sagt ihr Ministerium: Das von der Grünen Anne Spiegel gefürhet Umweltministerium in Rheinland-Pfalz hat per Microtargeting auf Facebook gezielt Grünen-Sympathisanten umworben. Bild: dpa
Was Donald Trump recht war, ist dem von den Grünen geführten Umweltministerium in Mainz nur billig: Es hat per Microtargeting gezielt Facebooknutzer angesprochen, die sich für die Grünen interessieren. Das ist verfassungswidrig, sagt eine Expertin.
Was Donald Trump in seinem Präsidentschaftswahlkampf recht war, ist der Landesregierung von Rheinland-Pfalz nur billig: Sie hat Wähler, deren Daten man bei Facebook abgegriffen hat, mit gezielter Werbung angesprochen. Microtargeting nennt sich diese Methode. Sie erlaubt es Werbetreibenden, ihre Botschaften passgenau an die Adressaten zu bringen. Das gab es nicht nur in den USA, sondern auch in Rheinland-Pfalz, wie das von den Grünen geführte Umweltministerium am Freitag einräumte: Man habe sich seit 2018 dieser Praxis bedient und in rund 130 Fällen mit Facebook-Anzeigen ganz gezielt Grünen-Anhänger umworben. Gesucht hatte das Umweltministerium Facebooknutzer, die sich besonders für Naturschutz, ökologische Landwirtschaft oder für die Grünen interessierten. Die Nutzer bekamen dann entsprechende Werbung aufgespielt.
Zugegeben hat das Mainzer Ministerium dies erst nach einer Recherche des Südwestrundfunks. Der SWR hatte den Hinweis des „Neo Magazins Royale“ im ZDF weiterverfolgt, das auf das Microtargeting gestoßen war, und herausgefunden, dass es sich nicht um einen Einzelfall, sondern um eine geübte Praxis handelte, die erst einen Tag vor der Bundestagswahl endete. Begonnen wurde dem SWR zufolge mit dem Datenausspähen unter der grünen Umweltministerin Ulrike Höfken, unter deren Nachfolgerin Anne Spiegel ging es weiter. Spiegel habe, so ihr Ministerium, von der Sache keine Kenntnis gehabt. Gegenwärtig schalte man gar keine Anzeigen auf Facebook mehr. „Die Hausspitze“ habe „umgehend ein interdisziplinäres Team eingerichtet, um die gesamte Social-Media-Strategie auf den Prüfstand zu stellen“.
Sofort abgestellt?
Die Kritik an der Praxis des Microtargetings sei „berechtigt“, hatte das Ministerium dem SWR nach der ZDF-Sendung geschrieben: „Daher haben wir sie nach dem Hinweis sofort abgestellt und sichergestellt, dass eine solche Zielgruppenauswahl künftig nicht mehr erfolgt.“ Dieses „Sofort“ allerdings datiert auf den 25. September, den letzten Tag vor der Bundestagswahl. Das Ministerium bestreitet überdies, dass es sich hier um illegale Parteienwerbung handele, eine solche habe nicht stattgefunden.
Das sieht Sophie Schönberger, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Düsseldorf, anders, wie sie dem SWR sagte. Es handele sich „auf alle Fälle um eine illegale Praxis. Staatliche Öffentlichkeitsarbeit muss parteipolitisch neutral sein – auch in Bezug auf den Adressatenkreis.“ Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Christian Baldauf, nannte das Vorgehen des Umweltministeriums „ungeheuerlich“ und „verfassungswidrig“. Mit legitimer Öffentlichkeitsarbeit habe dies nichts zu tun. Man wolle den Vorgang parlamentarisch aufarbeiten und sei gespannt, wie die Staatsanwaltschaft den „leichtfertigen Umgang“ mit Steuermitteln bewerte. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Schnieder sagte, mit dieser illegalen Parteienfinanzierung müsse sich auch die Bundestagsverwaltung beschäftigen.