Leistungsschutzrecht : Im Räderwerk der Suchmaschinen
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Wie würde sich der Ausstieg von Google News im deutschen Markt bei den Online-Leserzahlen bemerkbar machen? Bild: dapd
Das Leistungsschutzrecht für Presseverlage ist umstritten. Was könnte passieren, wenn Suchmaschinenbetreiber journalistische Leistungen künftig angemessen vergüten müssen? Ein Gedankenspiel.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Der Zeitungskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger 2014 begann mit einer Rede des neuen Kulturstaatsministers Dr. Dietrich von Klaeden. Die versammelte Verlegerzunft erwartete ein paar Antworten auf die eskalierende Krise der Branche.
Erst im Januar 2013 hatte der Bundestag nach langer Diskussion und erbittert geführten Debatten das neue Leistungsschutzrecht für Presseverleger verabschiedet. Google hatte noch am selben Tag die von Beobachtern bereits erwartete Erklärung publiziert, in der die Abschaltung des deutschen Google-News-Dienstes zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bekanntgegeben worden war. Man wolle das schwer kalkulierbare finanzielle Risiko nicht eingehen, in einen ohnehin defizitären Service erhebliche Summen zu investieren. Geschäftsentwicklungen im Nachrichtenbereich werde man im Sinne der Werbekunden aber sorgfältig beobachten und künftige Dienste mit Bedacht planen.
Der Ausstieg von Google News hatte sich im deutschen Markt sofort bei den Online-Leserzahlen bemerkbar gemacht. Die ohnehin nur spärlichen Werbeeinnahmen im Netz hatten sich insbesondere bei Tageszeitungen weiter dezimiert. Die Einnahmen aus der Leistungsschutzvergütung konnten den Rückgang nicht ausgleichen. Nach ein paar Wochen war das Wort Zeitungskrise in aller Munde.
Die Google-News-Lücke
Kleine spezialisierte Nachrichten-Aggregatoren sowie einige windige Betreiber, die sich die Google-News-Lücke kurzfristig zunutze machen wollten, hatten schon bei der ersten Abmahnwelle aufgegeben. Die Vergütung für die nun nicht mehr kostenlos verwendbaren Artikelzusammenfassungen aus Zeitungen - sogenannte Snippets - war zum echten Hindernis geworden.
Verbliebene Aggregatoren konzentrierten sich vor allem auf Blogs und Nachrichtenquellen ohne kommerziellen Hintergrund. Einen guten Überblick zu bekommen, welche Nachrichten gerade beliebt und wichtig sind, wurde zusehends schwieriger. Die noch an Google News gewöhnten Nutzer wichen meist auf die sozialen Netzwerke aus und machten sich deren Schwarmeffekte und Twitter-Auswertungswerkzeuge zunutze. Die zusammenfassende Berichterstattung bei Bewegtbildern erlebte zur selben Zeit einen Aufschwung, da kleine Programme zum Verschriftlichen und Auswerten gesprochener Texte beliebt wurden.
Der ohnehin fragmentierte öffentliche Diskurs zersplitterte in eine Vielzahl von Paywall-Angeboten, deren Inhalte zwar munter weitergegeben wurden. Doch verärgerte Blogger nahmen die Themen aus den geschriebenen Mainstream-Medien meist ohne Links auf und zitierten vorsichtshalber nicht einmal mehr Kernsätze. Ein paar vielgelesene Twitter-Helden verfolgten ihrerseits unerbittlich jeden in einer Zeitung abgedruckten Tweet oder Blogpost-Ausschnitt mit den neuen Möglichkeiten des Leistungsschutzrechtes. Die Abmahnbranche erlebte ihrer zweiten Frühling.
Das Image der Nachrichtenagenturen nimmt Schaden
Die deutschen Presseagenturen folgten dem Druck ihrer Kunden und Gesellschafter und begannen mit dem unnachsichtigen Eintreiben von Leistungsschutzrecht-Vergütungen von allen, die unveränderte Agenturmeldungen ohne Bezahlung nutzten. Das vormals gute Image der Nachrichtenagenturen als neutrale Spieler im News-Gewerbe nahm dadurch einigen Schaden.