Lagerfeld-Porträt bei RTL : Kaiser Karl und sein Hofstaat
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Der berühmte Modemacher Karl Lagerfeld in jungen Jahren Bild: RTL
Schlangenlinien: RTL nähert sich der Lebensgeschichte des Modefürsten Karl Lagerfeld zwar detailliert und auch neuartig, aber leider allzu ehrfürchtig.
An Lobhudeleien fehlt es diesem Film nicht. Wenn Karl Lagerfeld meint, er verbreite nur „die allgemeine Meinung einer alleinstehenden Person“, dann hören ihm ziemlich viele Leute dabei zu. „Man hängt an seinen Lippen“, sagt das Model Claudia Schiffer. „Ich könnte ihm stundenlang zuhören“, meint die Schauspielerin Diane Kruger. Da fällt die Moderatorin Frauke Ludowig mit ihrem Lob, er führe „ein einzigartiges Leben“, schon stark ab. Denn ein einzigartiges Leben führt vermutlich sogar Frauke Ludowig.

Verantwortlicher Redakteur für das Ressort „Deutschland und die Welt“ und das Frankfurter Allgemeine Magazin.
Aber das fünfzigminütige Porträt „100 Prozent Karl Lagerfeld“ sagt trotz einiger Leerkommentare viel aus über ein Leben, zu dem alles gesagt schien. Die Lebensgeschichte des bekanntesten lebenden Modemachers wird gut nachgezeichnet. Dass er in seiner Frühzeit, wie sein Kollege Valentino meint, „dreimal so viele Aufträge hatte wie ich“, dass er sich als Designer für das Haus Jean Patou „zu Tode gelangweilt“ hat, dass er in seiner ersten Chanel-Schau vielsagend „I don’t want to set the world on fire“ einspielen ließ - das sind sprechende Details. Verblüffend geradezu, dass in den Landschaftsaufnahmen des Fotografen, der er seit 1987 im Nebenberuf auch noch ist, ein Melancholiker zu erkennen ist.
Die Schwangerschaft hat sich wohl doch gelohnt
Bonmots und Sottisen sind Teil seines medialen Erfolgs. Dieser Film bietet sogar neue Anekdoten des sich öfters mal wiederholenden Designers. So soll seine Mutter ausgerufen haben, als die Familie wegen der Bombardierungen in Hamburg nach Bad Bramstedt gezogen war und das provinzielle Klima den schöpferischen Neigungen des Jungen keinen Raum bot: „Mit deinem Talent kannst du hier nur Zeichenlehrer werden - dafür bin ich nicht neun Monate schwanger gewesen.“
Am Ende hat sich die Schwangerschaft wohl doch gelohnt, bedenkt man Lagerfelds Arbeit als Chloé- und vor allem Chanel-Designer, als Zeichner und Herausgeber, als vielsprachiger Entertainer und amüsante Werbefigur sowie als wichtigster Förderer von Models wie Inès de la Fressange, Claudia Schiffer oder zuletzt Baptiste Giabiconi - der unter den „Money Guys“ der Website models.com immerhin gerade Rang acht belegt.
Der Glaubwürdigkeit des Films wiederum hätten ein paar kritische Worte gutgetan. Das offizielle Geburtsjahr (1938) muss man nicht wiederkäuen, wenn die Wahrheit (1933) längst erwiesen ist. Dass nach „Cloodias“ Erscheinen in Paris alle anderen Models „paralysiert“ gewesen seien - na ja. Und nicht einmal angedeutet wird die Fußnote der Modegeschichte, dass Lagerfeld mit seinen Linien unter eigenem Namen („Lagerfeld Gallery“) oft Schlangenlinien fuhr. Dabei fehlt ihm zum Genie eigentlich nur, dass er ab und zu mal scheitert.