Europa-League-Endspiel : Die Presse im Abseits
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Der falsche Ort für das Endspiel? Aserbaidschans Hauptstadt Baku. Bild: EPA
Die Europäische Fußball-Union nimmt zum Endspiel der Europa League in Aserbaidschans Hauptstadt Baku die Unterdrückung der Pressefreiheit einfach hin. Hat die Uefa den falschen Ort für das Finale gewählt?
Die Europäische Fußball-Union Uefa passt sich bei der Vorbereitung auf das am kommenden Mittwoch in Aserbaidschans Hauptstadt Baku stattfindende Finale ihrer Europa League den örtlichen Usancen im Umgang mit der Pressefreiheit an. Für das am ölreichen Kaspischen Meer ausgetragene Londoner Derby zwischen Arsenal und Chelsea hatte sich auch der Fotojournalist Aziz Karimow akkreditiert im Namen der Nachrichtenagentur Turan. Eine entsprechende Bestätigung verschickte die Uefa am 15. Mai, wie Karimow der FAZ in einer E-Mail bestätigte.

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Danach kamen die Sicherheitsbehörden ins Spiel, die der 1990 im Zuge der Liberalisierung der späten Sowjetjahre gegründeten Turan News Agency seit Jahren die Arbeit erschweren. Turan, dessen Direktor Mehman Alijew, nicht verwandt mit Präsident Ilham Alijew, 2017 verhaftet wurde, rühmt sich, die letzte unabhängige Nachrichtenagentur im seit Jahrzehnten vom Alijew-Clan regierten Aserbaidschan zu sein. Dessen Umgang mit Journalisten ist berüchtigt. Die massive Gängelung der Medien und zahlreiche Verhaftungen von Dissidenten, Oppositionellen und Journalisten haben dazu geführt, dass sich das Land im Pressefreiheitsranking von „Reporter ohne Grenzen“ mittlerweile auf Platz 166 von 180 aufgeführten Staaten findet. Kein anderes Land im Zuständigkeitsbereich der Uefa steht schlechter da.
Aziz Karimow bekam am 18. Mai weitere Post von der Uefa, nunmehr unerfreulicher Art. Eine Überprüfung der Akkreditierung durch die örtliche Polizei habe zur Ablehnung seines Akkreditierungsbegehrs geführt. „Wir kennen die Begründung für die Entscheidung nicht, und es gibt nichts, was wir tun können, um einzuschreiten. Wir danken für Ihr Verständnis“, heißt es im Schreiben der Uefa.
Die Uefa hätte gewarnt sein können
Aziz Karimow schreibt, er sei wenig überrascht, ähnlich – erteilte Akkreditierung von den Behörden gestrichen – sei es ihm auch schon mit der Formel 1 ergangen. Die tritt seit 2016 in Baku an, auch unter den Augen der Mitarbeiter der Staatssicherheit an den Zugangsschranken. 2015 bereits hatte Baku die Premiere der European Games ausgetragen, milliardenteures Kontinental-Olympia von überschaubarem sportlichen Wert, dessen Wettkämpfe nur spärlich besucht wurden.
Gleichwohl wurde Owen Gibson vom Londoner „Guardian“ die Einreise verweigert, nachdem er die Ausrichtung der Sportveranstaltung als Befriedigung persönlicher Eitel- wie Begehrlichkeiten der Elite – Machthaber Ilham Alijew ist zugleich Präsident des aserbaidschanischen olympischen Komitees – dargestellt und das frappierende Missverhältnis zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Aserbaidschaner aufgezeigt hatte. Das Europäische Olympische Komitee nahm den Umgang mit Gibson bedauernd zur Kenntnis und verlieh einige Monate später der Präsidentengattin Mehriban Alijewa einen Verdienstorden.
Die Uefa hätte also gewarnt sein können. Die Frage, wie sie sich auf die bekannte Unterdrückung der Pressefreiheit in Aserbaidschan eingestellt habe, sowie alle weiteren Fragen dieser Zeitung zum Fall Karimow hat der Fußballverband bislang nicht beantwortet. Im kommenden Jahr finden drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft in Baku statt. Hauptsponsor der EM ist die staatliche aserbaidschanische Ölgesellschaft Socar.