Youtuber Haqiqi in Haft : Keine Scherze mit dem Koran
- -Aktualisiert am
Der afghanische Youtuber Ajmal Haqiqi mit Ghulam Sakhi Bild: Youtube
Weil er und seine Freunde in einem Comedy-Sketch Koranverse vorlasen, ist der afghanische Youtuber Ajmal Haqiqi von den Taliban festgenommen worden. Nun hoffen seine Fans auf den Einfluss der afghanischen Diaspora.
Zehn Monate nach der Machtübernahme der Taliban warten noch immer Tausende Afghanen: auf Papiere, auf ihre Familien, auf ein Ende der Unterdrückung. Viele leiden darunter, dass sich die Weltgemeinschaft anscheinend wenig für die sich in schnellen Schritten vollziehende Entmodernisierung ihres Landes interessiert. Jetzt hat es auch noch einen ihrer beliebtesten Youtuber erwischt.
Ajmal Haqiqi aus Kabul war Model und ist als Mode-Influencer bekannt geworden. Sein 2020 eröffneter Youtube-Kanal hat mehr als 16 Millionen Views. Seine Videos zeigen ihn und seine Freunde in komischen Situationen des afghanischen Alltags, dazu die in der Comedy üblichen Pointen. Haqiqis treuer Begleiter ist Ghulam Sakhi, ein junger Mann, den er auf der Straße aufgelesen hat, der mit seinem Sprachfehler für Unterhaltung sorgt.
Reglementierter Alltag
Die Arbeit afghanischer Youtuber ist kompliziert, im reglementierten Alltag gibt es kaum noch Material für Sketche, und die Taliban fallen nicht gerade mit Sinn für Humor auf. Vor einer Woche veröffentlichte Haqiqi ein Video, in dem er mit drei anderen Koranverse vorlas. Haqiqi lacht in dem Video, als Sakhi mit seiner komischen Stimme an der Reihe ist. Schon tags darauf entschuldigte sich Haqiqi in einem neuen Video für den Sketch.
Am Dienstag nun wurden Ajmal Haqiqi und drei seiner Kollegen wegen „Beleidigung heiliger islamischer Werte“ festgenommen. Kurz darauf erschien ein weiteres Video in seinem Kanal, das Haqiqi in brauner Gefängnisuniform neben und Sakhi und zwei anderen Männern zeigt. Der Youtuber entschuldigt sich beim afghanischen Volk, den religiösen Führern und der Regierung. „Meine Botschaft an alle Youtuber und junge Menschen, die in den Medien aktiv sind: Vermeidet tunlichst, die heiligen islamischen Werte zu beleidigen.“ Eine Straftat gibt er nicht zu.
Amnesty International fordert nun die „sofortige und bedingungslose“ Freilassung Haqiqis. Seit August 2021 hat die Organisation willkürliche Festnahmen und erzwungene Schuldeingeständnisse dokumentiert. Hunderte Journalisten haben das Land verlassen. Fernsehmoderatorinnen sind nun gezwungen, ihr Gesicht zu verhüllen, wenn sie ihren Job behalten wollen.
Was mit Haqiqi passiert, ist unklar. Sein Kanal ist weiter zugänglich, das Video nicht mehr verfügbar. Ein als respektlos angesehener Umgang mit dem Islam ist in Afghanistan ein Verbrechen. Haqiqis Fans hoffen, dass ihn der öffentliche Druck vor einer Verurteilung schützt.