Internetlexikon : Die Maschine, die 8,5 Prozent der Wikipedia schrieb
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Wer suchet, der findet, ob in Schweden oder auf den Philippinen: Dafür sorgt „Lsjbot“ Bild: dpa
Ohne Sverker Johansson wäre Wikipedia erheblich kleiner. Der Schwede hat ein Computerprogramm entwickelt, das nun schon über 2,7 Millionen Artikel zur freien Enzyklopädie beigetragen hat.
Dank Sverker Johanssons kommen jeden Tag etwa 10.000 Artikel zur Online-Enzyklopädie Wikipedia hinzu. Der Schwede ist verantwortlich für eine Vielzahl von Artikeln, liefert Informationen über Kleintiere und kuriose Pflanzen oder über Städte auf den Philippinen, all das ist Dank Johansson in der schwedischsprachigen und in der philippinischen Wikipedia zu finden.
Dabei schreibt Johansson seine Artikel nicht so, wie es Tausende andere Mitarbeiter des Internetlexikons tun. Er lässt sie schreiben. Ein von ihm entwickeltes Computerprogramm, genannt „Lsjbot“ ,durchsucht in Sekundenschnelle zahllose Internetseiten nach Informationen und stellt sie dann automatisch in einem Text zusammen. Johansson ist nicht der erste und einzige Wikipedia-Autor, der so arbeitet. Sogenannte „Bots“ kommen häufig zum Einsatz, um möglichst schnell Informationen zu jedwedem Thema zusammenzutragen.
Besonders einfach lassen sich mithilfe dieser Dienstprogramme kurze tabellarische Übersichten erstellen, wie hier im „Lsjbot“-Artikel zu einer Stadt in Asien. Außerdem können Johannsson und sein elektronischer Ghostwriter Übersichten aller bekannter Vogelarten vorweisen. Auch Informationen zu sämtlichen Pilzgattungen finden schwedische Nutzer in der Wikipedia.
Aber die exzessive Nutzung seines automatisierten Schreibprogramms, das der Schwede über mehrere Monate hinweg programmierte, bringt ihm auch Kritik ein. Die Arbeit „Lsjbots“ führe zu einer Masse von Artikeln mit oberflächlichen und rudimentären Informationen. Während viele Nutzer für ihre Artikel umfassend recherchierten und ihre Ergebnisse wohlabgewogen zusammenträgen, werde mit der immer weiter verbreiteten Form des „ bot-generated articlel“ auf Quantität statt Qualität gesetzt, so die Kritiker.
Johansson selbst gibt zu, dass die automatisch kreierten Artikel teilweise etwas karg und langweilig formuliert sind. Andererseits hätten andere Autoren immer die Möglichkeit, die automatisch erstellten Grundinformationen zu bearbeiten. So könne das Artikelgerüst mit Leben gefüllt werden. Außerdem könne „Lsjbot“ in Wissensgebiete vordringen, die außerhalb der Reichweite und des Interesses eines durchschnittlichen schwedischen Wikipedia-Autoren liegen. Denn während allerhand Populäres im Onlinelexikon ausführlich behandelt wird, lässt manch weltgeschichtlich wichtiger Artikel zu wünschen übrig, oder ist erst gar nicht vorhanden. Als Beispiel für ungleich verteilte Präferenzen führt Johansson an, dass es im schwedischen Wiki 150 ausführliche Charakterporträts der Protagonisten aus Tolkiens „Der Herr der Ringe“ gibt, aber nur eine Handvoll wichtige Entscheider des Vietnam-Kriegs näher beleuchtet werden.