Jugend ohne Traum? : Die Nachwuchssorgen der Kreativen
- -Aktualisiert am
Dreharbeiten für einen Fernsehkrimi (mit dem Kameramann Clemens Majunke) Bild: dpa
Will wirklich niemand mehr zum Film? Oder was mit Medien machen? Die Kreativwirtschaft in der Hauptstadt hat ein schweres Personalproblem.
Erschreckende Meldung aus der Hauptstadt: Es herrscht Fachkräftemangel in der Kreativbranche! 80 Prozent der Medien-, Kreativ- und Digitalunternehmen in Berlin und Umgebung haben Probleme, Fachkräfte zu finden, berichtet das Medien-Barometer von Medianet Berlin Brandenburg. Gerade die Filmwirtschaft suche verzweifelt Personal am Set, berichtet der „Tagesspiegel“.
Will denn niemand mehr zum Film, fragen die, die sich an ihre Jugend erinnern: Früher, als man selbst noch Geisteswissenschaften studierte, wollten doch alle zum Film! Da wollte man Schauspieler werden, Drehbuchautor, Regisseur! Selbst als Kabelschlepper fühlte man sich denen überlegen, die den Weg zum Verwaltungsfachangestellten eingeschlagen hatten.
Was ist mit den jungen Menschen los? Haben die keine Träume mehr? Schreckensszenarien geistern durch die Köpfe: Bald leben wir in einer trostlosen Welt – ohne Lichtspiel- und Schauspielhaus! Die jungen Menschen von heute sind spießig, so die erste Vermutung. Die haben nicht die Leidenschaft, nicht den Mut, nicht die Lässigkeit. Die werden Beamte, kaufen sich einen Hund und trinken süßen Sekt, nachdem sie den Bausparvertrag unterschrieben haben. Leicht reden hat man allerdings als Boomer mit Festanstellung.
Werbung für Gummibärchen
Was denkt man aber als Repräsentantin der jungen Generation? Zuerst einmal versucht man zu beschwichtigen. Die Freundin einer Freundin aus Berlin erzählte neulich, sie wolle zum Film. Sie drehe seit Jahren Werbung für Gummibärchen, so lange, bis sie endlich die Zusage einer renommierten Filmhochschule erhalte. Es ist noch nicht alles verloren: Vielleicht wird es auch in Zukunft noch Filme geben.
Zugegeben, das ist nur anekdotische Evidenz. Hat man länger darüber nachgedacht, muss man eingestehen: Die meisten Kommilitonen wollen wirklich nicht zum Film. Woran könnte das bloß liegen? Wer in Bologna-Zeiten studiert und von einem schlecht bezahlten Praktikum in besagter Medien- und Kreativwirtschaft ins andere schlittert, muss da tief in sich gehen.
Das ZDF-Programm von heute verspricht „Die Küchenschlacht“, „Bares für Rares“ und „Die Rosenheim-Cops“, vermutlich gespickt mit Werbung für Tabletten gegen Schwindel, Sodbrennen und Prostataleiden. Wer träumte da nicht, Kabelschlepper beim Rundfunk zu sein?
Die Kreativität lebt, da können die besorgten Älteren ganz beruhigt sein. Nicht die Jungen sind spießig, sondern das Fernsehen der Alten ist es. Die Jungen haben längst ihre eigenen Formate erfunden. Und ein Glück: Das Tiktok-Video kann man eigenhändig mit dem Smartphone produzieren. Da muss niemand Kabel schleppen.