Im Fernsehen: „Die zweite Hinrichtung“ : Institutionalisierte Rache
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Romell Broom sollte am 16. September 2009 hingerichtet werden Bild: WDR/Sentana
Der Häftling Romell Broom sollte im September 2009 getötet werden. Die Hinrichtung ging schief. Seither wartet er in seiner Zelle. Michael Verhoeven dokumentiert den Fall.
Der Filmregisseur Michael Verhoeven könnte es dem Zuschauer einfach machen, um ihn von der Grausamkeit der Todesstrafe zu überzeugen. Doch das tut er nicht. Verhoeven dokumentiert den Fall des bereits wegen der Vergewaltigung eines Kindes verurteilten Romell Broom, der später der Entführung, Vergewaltigung und Ermordung eines weiteren Mädchens im Teenageralter für schuldig befunden und zum Tode verurteilt wird.
Doch die Hinrichtung im Jahr 2009 geht schief: die Beamten schaffen es nicht, einen intravenösen Zugang zu legen. Der Verurteilte hilft ihnen sogar dabei - er fürchtet einen langsamen und schmerzvollen Tod, wenn das Gift nicht in den Blutkreislauf, sondern in das Gewebe gelangt. Nach zwei Stunden vergeblicher Versuche wird er zurück in die Zelle gebracht, wo er bis heute wartet.
Glaubwürdigkeit in Frage gestellt
Anfangs beschäftigt sich die Dokumentation mit der Frage, ob eine zweite Hinrichtung aus juristischer Sicht überhaupt möglich ist und lässt Beteiligte des Verfahrens zu Wort kommen, Wissenschaftler und Juristen, aber auch den Verurteilten selbst. Den einzigen vergleichbaren Fall gab es im Jahr 1946 in Louisiana, als der siebzehnjährige Willie Francis die Hinrichtung auf einem mobilen elektrischen Stuhl überlebte. Wenig später erlaubte der Supreme Court jedoch mit knapper Mehrheit einen erneuten, diesmal erfolgreichen Tötungsversuch.
Ob es Romell Broom ebenso ergehen wird, ist noch nicht entschieden. Bald stellen die damals am Prozess Beteiligten seine Verurteilung infrage. Bis ins letzte private Detail analysieren sie den Prozess und das Leben des Opfers, um den Vorwurf der Vergewaltigung und Entführung auszuräumen. Denn allein für Mord hätte Broom nicht zum Tode verurteilt werden können. Zudem verweisen sie auf Indizien, welche die Glaubwürdigkeit der Aussagen jener beiden Mädchen vor Gericht stark einschränken, die ihn entscheidend belastet hatten.
Dabei sind zwei Personen in Verhoevens Film besonders interessant, weil sie die emotionalen Argumente für und gegen die Todesstrafe verkörpern. „Sein Tod wird das Leben der Kinder nicht leichter machen, aber er verdient den Tod für das, was er ihnen angetan hat“, sagt Melinda Grisson, die selbst Opfer einer Entführung wurde. Yvonne Pointer hingegen, die Mutter eines ermordeten Mädchens, findet ihren Frieden im Glauben und darin, Jugendlichen, aber auch Kriminellen Halt und die Perspektive auf ein neues Leben zu geben. „Ich glaube nicht, dass Romell Broom ein guter Mensch ist. Aber niemand außer Gott hat das Recht zu töten“, sagt sie.
Doch auch ohne jede religiöse oder humanistische Komponente zeigt Michael Verhoevens Dokumentation, dass die Todesstrafe letztlich nicht mehr als ein ungeheuer kostspieliges, fehleranfälliges und zur Abschreckung nicht geeignetes Instrument der Rache ist. Die Frage nach Schuld oder Unschuld ist dabei nicht entscheidend.