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Prozess in Ägypten : Reporter als Terroristen

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Im Käfig vor Gericht: Die Al-Dschazira-Journalisten Peter Greste, Mohammed Fahmy und Baher Mohamed in Kairo Bild: REUTERS

Journalisten des arabischen Fernsehsenders Al Dschazira sollen die inzwischen verbotene Muslimbruderschaft unterstützt haben. Kairo schickt die Angeklagten ohne Beweise ins Gefängnis.

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          Zu Beginn des letzten Prozesstages war der Hauptangeklagte noch zu Scherzen aufgelegt. „Wo ist denn John Kerry?“, rief der Bürochef des englischsprachigen Kanals von Al Dschazira durch die Gitter seines Käfigs den im Verhandlungsraum versammelten Reportern und Familienangehörigen der Angeklagten zu. Am Abend zuvor war der amerikanische Außenminister in Kairo mit dem ägyptischen Präsidenten Abd al Fattah al Sisi zusammengekommen; dem Vernehmen nach soll auch das Verfahren gegen Muhammad Fahmy und seine beiden Kollegen Peter Greste und Baher Muhammad zur Sprache gekommen sein.

          Geholfen hat die diplomatische Intervention den Journalisten, von denen zwei Ende 2013 in einem Hotel in Kairo festgenommen wurden und seitdem als „Marriott-Zelle“ bezeichnet werden, nichts: Wegen angeblicher Unterstützung der in Ägypten als Terrororganisation gelisteten Muslimbruderschaft und Verbreitung falscher Nachrichten erhielten sie jeweils sieben Jahre Haft. Die australische Außenministerin Julie Bishop, die sich bei den ägyptischen Behörden für die Freilassung ihres Landsmanns Peter Greste eingesetzt hatte, sagte nach dem Skandalurteil, sie könne nicht verstehen, „wie das Gericht zu diesem Schluss“ komme. Die Chefredaktion Al Dschaziras teilte am Montag mit, die Strafen erweckten nicht einmal den „Anschein von Gerechtigkeit“. Das „schockierende Urteil bedeutet einen neuen Tiefschlag für die Pressefreiheit in Ägypten“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer der Organisation „Reporter ohne Grenzen“: „Nun ist amtlich, dass Journalisten in Ägypten für ihre bloße Berufsausübung zu Terroristen abgestempelt werden können.“

          In nur zwölf Verhandlungstagen war es der Anklagebehörde nie gelungen, den Beweis zu erbringen, dass die drei renommierten Journalisten, die vor ihrer Tätigkeit für Al Dschazira unter anderem für die BBC und CNN arbeiteten, der Muslimbruderschaft nahestehen - geschweige denn, dass sie diese bei der Planung von Anschlägen unterstützt hätten. Neben den drei Mitarbeitern des qatarischen Senders waren 17 weitere Menschen angeklagt, darunter fünf Studenten sowie Journalisten, die sich außer Landes aufhalten. Drei Reporter wurden in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt.

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