Gebühren-Einnahmen : Studie: Drei Milliarden Euro für ARD und ZDF
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Soviel steht fest: Der Beitragsservice hat die öffentlich-rechtlichen Sender nicht ärmer gemacht. Aber welche Summen sind im Spiel? Bild: dpa
Sind die Öffentlich-Rechtlichen reicher, als wir denken? Ein Gutachten kommt zu dem Schluss: Der neue Rundfunkbeitrag spült den Sendern viel mehr Geld in die Kassen, als die Gebührenkommission sagt.
Einmal werden wir noch wach, dann ist Zahltag. Am Donnerstag werden die Ministerpräsidenten der Länder verkünden, ob es zu einer Reduzierung des Rundfunkbeitrags kommt oder nicht. Wie sie entscheiden, hängt davon ab, wie viel mehr Geld ARD, ZDF und Deutschlandradio durch den neuen Beitrag, der die alte Gerätegebühr abgelöst hat, einnehmen.
1,15 Milliarden oder 3,2 mehr?
1,15 Milliarden Euro mehr als zuletzt, gerechnet auf die Gebührenperiode von vier Jahren, seien es, sagt die Gebührenkommission Kef. Die Kommission schlägt deshalb vor, eine „Gerechtigkeitsdividende“ auszuzahlen, wie ihr Vorsitzender Heinz Fischer-Heidlberger dieser Zeitung sagte (F.A.Z. vom 11. März): ein Nachlass von 73 Cent pro Monat pro Gebührenzahler. Doch was ist, wenn die Sender noch viel mehr Geld auf der hohen Kante haben? Wenn zu den zuletzt 7,5 Milliarden Euro aus der Gebühr noch viel mehr hinzukommt? Müsste die Rückzahlung dann nicht viel höher ausfallen? Und hätten die Politiker dann nicht noch viel weniger Grund, die Reduzierung in Zweifel zu ziehen und sie, wie zuletzt der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, auf 48 Cent zu drücken?
Es gibt eine Berechnung, die davon ausgeht, dass ARD und ZDF bis Ende 2016 noch viel mehr Mittel zufließen werden als bislang gedacht - nicht 1,15 Milliarden, sondern 3,2 Milliarden Euro mehr.
Das Gutachten stammt von den Klägern gegen den Rundfunkbeitrag
Berechnet haben diese Summe die Professoren Justus Haucap und Hans-Theo Normann von der Agentur Dice Consult im Auftrag der Unternehmen Rossmann und Sixt. Rossmann und Sixt klagen, genauso wie der Passauer Jurist Ermano Geuer, vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen den Rundfunkbeitrag. Sie halten ihn für verfassungswidrig, unter anderem, weil er gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße - Filialbetriebe und Autovermieter würden über alle Maßen beansprucht. Da könnte man also denken: Da kommt das richtige Gutachten zur richtigen Zeit von der richtigen Adresse, mit einem bestimmten Interesse verbunden. So ist es auch. Aber es ist, davon abgesehen, auch eine interessante Berechnung, die darauf hindeutet, dass man die Mehreinnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender, die sich ja gern arm rechnen, durchaus noch höher taxieren kann als gedacht.
Erinnern wir uns: Bis zum letzten Herbst tat die ARD so, als gäbe es durch den neuen Beitrag gar keine oder fast keine Mehreinnahmen. Dann kam die Gebührenkommission Kef, der es zu bunt wurde, sie rechnete selbst und sagte: Da kommen in vier Jahren etwa 31,8 Milliarden Euro zusammen, allein weil sich die Zahl der Beitragspflichtigen erhöht. Das seien 1,15 Milliarden mehr als bislang, die Hälfte davon sei zurückzugeben, die andere Hälfte solle bei den Sendern als Sicherheitsreserve verbleiben.
Mehreinnahmen sind nicht „aufkommensneutral“
Die Zahlen des Dice-Gutachtens weichen davon noch einmal nach oben ab, obwohl sie auf denselben Grundkonstanten beruhen - auf dem Mikrozensus, der zu ermittelnden Zahl der Wohnungen und der Betriebe. Da haben die Gutachter alles zusammengetragen, was in den Jahren 2010 und 2011 aussagekräftig ist. Das bedeutet, um nur ein Beispiel zu nennen: 2011 gab es rund 41,3 Millionen Wohnungen in Deutschland, etwa 35,5 Millionen davon kommen, wenn man alle Ausnahmetatbestände berücksichtigt, für die Rundfunkbeitragspflicht in Frage, macht pro Jahr 7,66 Milliarden Euro. Die Betriebsstätten steuern pro Jahr 492 Millionen bei, die Kraftfahrzeuge 144 Millionen, die Hotels knapp 65 Millionen Euro. Macht Summa summarum 8,37 Milliarden Euro pro Jahr, macht, für vier Jahre gerechnet, 33,48 Milliarden. Eine schöne Stange Geld.
Amtlich ist diese Berechnung selbstverständlich nicht, aber sie geht von nachprüfbarem Zahlenmaterial aus und hebt darauf ab, dass der Rundfunkbeitrag konsequent und flächendeckend bei allen eingetrieben wird. Ohne Rücksicht auf Verluste sozusagen. Diese nämlich habe die Gebührenkommission Kef noch in ihre Rechnung aufgenommen, schreiben die Gutachter von Rossmann und Sixt, sie nennen das einen „Spielraum für Vollzugsdefizite“. Gebe es diesen nicht - und warum sollten die Öffentlich-Rechtlichen über den sogenannten „Beitragsservice“ Geld verschenken? -, gälten ihre Zahlen.
Unter dem Strich ist das eine einfache Formel. Das Gutachten im Auftrag von Rossmann und Sixt sagt: ARD, ZDF und Deutschlandradio haben durch den neuen Rundfunkbeitrag pro Jahr etwa 800 Millionen mehr als bislang oder 3,2 Milliarden Euro mehr in der Gebührenperiode. Und das, so die Gutachter, hätte man schon vor dem Inkrafttreten des neuen Beitrags am 1. Januar 2013 ausrechnen können. Und also hätten die Politiker auch wissen können, dass dieser ganz bestimmt nicht „aufkommensneutral“ wird. So wurde er uns aber immer verkauft.