
Gauck in Japan : Betriebsausflug
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Schieflage: Bundespräsident Gauck am japanischen Hof – in öffentlich-rechtlicher Totalbegleitung Bild: AFP PHOTO / IMPERIAL HOUSEHOLD AGENCY
ARD und ZDF bereisen mit dem Bundespräsidenten Japan – mit aufwendigem Tross. Für alle anderen Medien ist die Rechnung einfach zu hoch.
Wenn der Bundespräsident zu seiner letzten Auslandsreise aufbricht, dann könnte ihm Aufmerksamkeit gewiss sein. Bei seiner Reise nach Japan, die am Freitag mit einem Besuch in Nagasaki endete, war das nur bedingt der Fall. Zwei Zeitungen und die Deutsche Presse-Agentur schickten schreibende Redakteure mit Joachim Gauck nach Japan (von wo der Autor als Korrespondent berichtet).
Von Bedeutung war Gaucks Visite durchaus, also dürfte der Grund für die Zurückhaltung woanders liegen: Fast 1900 Euro für Mitflug und Hotel kostete die Reise nach der Vorabschätzung, hinzu kommen Zugtickets, Spesen und nicht zuletzt der fünftägige Arbeitsausfall des Redakteurs in der Heimatredaktion. In wirtschaftlich angespannten Zeiten überlegt sich das jedes Medienhaus zweimal.
Der lokale Korrespondent hatte nichts zu tun
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat diese Sorgen nicht. In Tokio schien es, als ob die deutschen Anstalten es mit den japanischen Medien aufnehmen wollten. Diese treten gern in Rudelstärke auf. Den Bundespräsidenten begleiteten, der Reihe nach: zwei Radioredakteure aus dem Hauptstadtstudio der ARD, vom WDR und von einer Gemeinschaftsredaktion kleinerer ARD-Sender. Eine Radioredakteurin vom Deutschlandfunk. Ein Hauptstadtkorrespondent der Deutschen Welle. Ein Fernsehkorrespondent aus dem ARD-Hauptstadtstudio mit Kameramann, um ein Porträt über den scheidenden Bundespräsidenten zu drehen. Ein Fernsehteam für das ZDF, um ein Porträt über den scheidenden Bundespräsidenten zu drehen. Das Fernsehkorrespondententeam der ARD vor Ort, das den Gauck-Besuch mitdreht.
Fehlt noch jemand? Ach ja, der lokale Radiokorrespondent der ARD in Tokio. Er aber hatte nichts zu tun. Es waren ja zwei Radioredakteure aus Berlin angereist. Das Verhältnis zwischen wenigen Vertretern der unabhängigen Presse und vielen öffentlich-rechtlichen Reiseredakteuren legt den Schluss nahe, dass die Sparzwänge bei den Anstalten so groß dann doch nicht sind. Auf die Idee wird jeder Gebührenzahler kommen. Die öffentlich-rechtliche Doppel- und Dreifacharbeit ist teuer. Das Missverhältnis beeinflusst aber auch die Meinungsbildung: Wenn die Redakteure überhand nehmen, deren Gehalt letztlich von der Politik abhängt, droht auch die Unabhängigkeit der Medien gegenüber dieser Politik verloren zu gehen.