Gamescom 2022 : Endlich wieder in der Realität
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Andrang vor jeder Konsole: Blick auf die Indie-Area auf der Gamescom Bild: Gamescom
Nach zwei Jahren Corona-Pause kehrt die Gamescom wieder als Präsenz-Messe zurück. Diesmal sagten viele wichtige Marken der Videospielbranche ab. Dadurch rücken andere in die erste Reihe auf.
In der Luft liegt der süßliche Geruch von Energydrinks und großzügig aufgetragenem Deodorant: Kurz vor zehn Uhr warten Hunderte Besucher dicht gedrängt vor den Eingängen der Koelnmesse. Masken tragen nur wenige. Als sich die Schleusen öffnen, wird es hektisch. Besucher stürmen los – jeder will der Erste sein, um die neuesten Videospiele an den Ständen zu testen. Nach zwei Jahren pandemiebedingter Präsenzpause ähnelt das erste Bild der Gamescom 2022 wieder dem von 2019. Damals kamen mehr als 370.000 Besucher nach Köln, und die Veranstaltung durfte sich besucherstärkste Videospielmesse der Welt nennen.
Beim Blick in die Messehallen zeigt sich jedoch, dass diese zwei Jahre die Branche verändert haben. Viele große Namen der Videospiel-Industrie fehlen. Sony Playstation, Nintendo, Electronic Arts und Activision Blizzard beispielsweise, die einst mit ihren Titeln ganze Hallen füllten, bleiben der Gamescom fern. Die Lücken sind sichtbar. Hier und da stehen in den Hallen große Flächen leer. Viele Messestände sind kleiner und bescheidener als noch vor Corona. Zwar wuchs die Industrie in den letzten Jahren, doch es wuchsen auch Anforderungen und Kosten.
Mehr Aufmerksamkeit für kleine Projekte
Für die einen ist der Neustart eine Chance. Die kleinen Entwicklerteams bekommen mehr Platz und mehr Aufmerksamkeit. Die Indie-Area in Halle 10, auf der sich kleine Spiele-Schmieden versammeln, profitiert von den Absagen und fällt fast doppelt so groß aus wie früher. Während in den Hallen 7, 8 und 9 zumeist sogenannte Triple-A-Titel mit viel Bombast inszeniert werden – solche Spiele also, die mit großem Budget und entsprechend vielen Köpfen dahinter ausgetüftelt werden.
Derweil stehen die Entwickler in Halle 10 meist selbst neben dem Bildschirm und erklären Prinzip und Philosophie ihres Spiels mit Inbrunst und Leidenschaft. Johannes Mattmann ist mit seinem eigenen kleinen Studio und für die Hochschule Kaiserslautern erstmals auf der Gamescom. Er präsentiert ein Lernspiel und einen Retro-Titel am Messestand von Rheinland-Pfalz. Er freut sich über die größere Fläche: „Mehr Indie bedeutet auch mehr Vielfalt auf der Gamescom.“ Das Risiko, dass die vielen kleinen Entwickler in der Masse untergehen könnten, sieht er nicht. „Ich denke nicht, dass es hier schon einen Wettbewerb gibt, wir machen ja alle irgendwie die gleiche Arbeit.“
Manchem Aussteller bietet sich die Chance zum Sprung in die vorderste Reihe. „Wir haben den größten Messestand unserer Firmengeschichte“, sagt Stephan Schmidt, Director Global Partner Publishing bei Plaion, das bis vor drei Wochen noch unter Koch Media firmierte. Seit es die Gamescom gibt, ist das Unternehmen dort vertreten, sei es in Leipzig oder seit 2009 in Köln. Es sei sehr schwer gewesen, nach der Corona-Pause einen solchen Auftritt zu planen.
„Durch die zwei Jahre Pandemie gab es neben bekannten auch neue Herausforderung, die es zu meistern galt“, sagt Schmidt und berichtet, dass es auch anderen Unternehmen in der Branche so gegangen sei. Dennoch habe man sich zu „einem der diesjährigen größten Entertainment-Events der Welt“ ganz klar bekannt. Für 2023 kann Plaion zwar noch keine konkrete Zusage machen, aber „immer wenn es geht, sind wir dabei“, sagt Schmidt. Ohne die Messe fehle etwas Entscheidendes: „Entertainment definiert sich auch durch sozialen Austausch, miteinander etwas zu erleben. Das geht auch digital, aber noch viel besser im realen Leben. Es zeigt sich hier jetzt, dass das die letzten zwei Jahre gefehlt hat.“