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Online-Auftritt des „Spiegels“ : Fusion im Netz

Hier soll gesagt werden „was ist“: das Verlagsgebäude des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ an der Ericusspitze in der Hafencity von Hamburg Bild: dpa

Die Internetseite des „Spiegels“ ist neu auf- und die Redaktionen zusammengelegt worden. Das Magazin setzt auf Erlöse durch digitale Abos und stellt fest: Der Schaden durch Claas Relotius hat sich bisher in Grenzen gehalten.

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          Nach gut fünfundzwanzig Jahren ist „Spiegel Online“ (SPON) als redaktionell unabhängige Web-Plattform des Hamburger Nachrichtenmagazins Geschichte. In der Nacht zum Mittwoch wurde der Netzauftritt rundum erneuert und heißt jetzt, wie das gedruckte Nachrichtenmagazin, „Der Spiegel“.

          Carsten Germis
          Wirtschaftskorrespondent in Hamburg.

          Nachdem die Print- und Online-Redaktionen im vergangenen Jahr zusammengelegt wurden, ist der neue digitale „Spiegel“ als Dachmarke der konsequente nächste Schritt. „Der digitale Spiegel ist für uns eine Zäsur im besten Sinne“, sagte Chefredakteur Steffen Klusmann am Dienstag in Hamburg bei der Präsentation des neuen Internetauftritts. „Jetzt haben wir den ,Spiegel‘ als einheitliche starke Marke im Netz.“

          Spiegel Online hat sich zu einer der Plattformen mit großer Reichweite entwickelt. Der Verlag hat damit nach eigenen Angaben ordentlich Geld verdient. „Es ist uns nicht ganz leicht gefallen, Online als eigene Marke verschwinden zu lassen“, sagte Klusmann. Der Grund für die Neuausrichtung liegt jedoch auf der Hand: Wachstum gibt es für journalistische Produkte bei sinkenden Auflagen gedruckter Zeitungen und Magazine oft nur noch im Netz. Der „Spiegel“ erwartet für 2019 einen Gruppenumsatz von rund 262 Millionen Euro. Gut ein Viertel davon waren digitale Erlöse.

          Man sieht in Abo-Modellen mehr Wachstumspotential

          Die Hamburger wollen diesen digitalen Anteil 2020 auf etwa 30 Prozent steigern. Auch wenn der „Spiegel“ bei Einnahmen aus Online-Werbung besser dasteht als andere in der Branche, für die Manager an der Ericusspitze gilt das Geschäft mit Online-Werbung als unsicher. „Wir sehen in Abo-Modellen das bei weitem stärkere Wachstumspotential“, sagte „Spiegel“-Produktentwickler Stefan Ottlitz. Dabei soll das Verhältnis von Texten vor und hinter der Bezahlschranke auch künftig nicht verändert werden. 125.000 zahlende „Spiegel plus“-Kunden gibt es nach seinen Angaben derzeit. Rund 9000 Probeabos im Monat gebe es, vierzig Prozent würden im Schnitt in feste Abos umgewandelt.

          2019 war der „Spiegel“ viel mit sich selbst beschäftigt. Arbeitsrechtliche Verhandlungen über die Fusion beschäftigten die Redaktion. Auch wenn die unterschiedlichen Gehaltshöhen mit etwa zwei Millionen Euro ausgeglichen wurden, bleiben die Unterschiede zwischen alten Print- und neueren Online-Redakteuren oft noch groß. „Die Gehälter sind immer noch sehr unterschiedlich, aber wir werden sie in den nächsten Jahren weiter angleichen“, sagte Klusmann.

          Der Alltag in der Redaktion hat sich durch den Zusammenschluss von Online und Print verändert. „Wir arbeiten anders, allein schon durch die gemeinsamen Konferenzen“, sagte die aus Online kommende Chefredakteurin Barbara Hans. Die Redaktion ist jetzt stärker nach Inhalten aufgeteilt. Neu ins Leben gerufen wird beim digitalen „Spiegel“ das Ressort Leben, in dem Themen des Alltags und die kleinen und großen Fragen der Zeit behandelt werden.

          2019 war für den „Spiegel“ aber nicht nur aufgrund der Zusammenlegung der Redaktionen ein anstrengendes Jahr: „Dann kam noch der Relotius dazu, das hat uns viel Kraft gekostet“, sagte Klusmann. Der Skandal um frei erfundene, politisch überkorrekte Reportagen des „Spiegel“-Journalisten Claas Relotius hat dem Hamburger Magazin offenkundig aber weniger geschadet als befürchtet. Das zeigte der Blick auf steigende Umsätze und zahlende Online-Kunden.

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