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Bestechungsverdacht : Propaganda im französischen Fernsehen

  • -Aktualisiert am

Der französische Moderator Rachid M’Barki. Bild: AFP

In Frankreich muss sich der bekannte Moderator Rachid M’Barki vor Gericht verantworten. Er soll gegen Geld in seiner Sendung Propagandavideos gezeigt haben.

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          Am Donnerstag wurde bekannt, dass eine auf Wirtschaftsvergehen spezialisierte Einheit der Pariser Kriminalpolizei offiziell Ermittlungen aufgenommen hat. Diese folgen auf eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Bestechlichkeit und Vertrauensbruch, welche der Fernsehsender BFM-TV, Frankreichs führender Informationskanal, Ende Februar eingereicht hatte.

          Auslöser war das Verhalten des BFM-TV-Moderators Rachid M’Barki: Ohne redaktionelle Genehmigung hatte er 2022 in seiner Sendung „Le Journal de la nuit“ (Die nächtlichen Nachrichten) ein gutes Dutzend Informationsstücke zu russischen Oligarchen, zur Westsahara oder zum Hafen von Douala (Kamerun) aufgespielt; die Beiträge wünschten Yachtbau für Oligarchen, präsentierten die umkämpfte Westsahara als marokkanisch und den besagten Hafen als vorbildlich sicher. Sprich: Es handelte sich um Propaganda im Sinne der genannten Staaten sowie von Qatar.

          Schwerwiegendes Fehlverhalten

          Nachdem Medienrecherchen einen ersten Verdacht geweckt hatten, war M’Barki am 11. Januar freigestellt worden. Es folgte eine interne Untersuchung des Senders, die den Verdacht erhärtete, dass M’Barki für seine eigenmächtige Initiative bezahlt worden war: Am 21. Februar wurde er wegen schwerwiegenden Fehlverhaltens entlassen; der 54-jährige Journalist hatte seit der Gründung des Senders vor 17 Jahren für BFM-TV gearbeitet. Zugleich verlor er seine Stellung als Moderator der Sendung „Faites entrer l’accusé“ auf dem Fernsehsender RMC (wie BFM-TV Teil des Medienkonzerns Altice).

          Laut einer Recherche des Medienkollektivs Forbidden Stories (zu dem in Frankreich „Le Monde“ und „Radio France“ zählen) deutet vieles darauf hin, dass Strippenzieher des Skandals das sogenannte „Team Jorge“ sein könnte, eine so mysteriöse wie berüchtigte israelische Firma, die Desinformation und Propaganda auch im Auftrag ausländischer Staaten betreibt. Sie wurde mutmaßlich von den besagten Staaten beauftragt und hat dann über einen Mittelsmann, den französischen Lobbyisten Jean-Pierre Duthion, M’Barki mit Bildern und Texten versorgt. ­

          Duthions Name ist mit einem weiteren Skandal verknüpft: Der grüne Abgeordnete Hubert Julien-Laferrière hatte vor einem Jahr im Auswärtigen Ausschuss der Nationalversammlung eine Lobrede auf die afrikanische Kryptowährung Limocoin gehalten, die im Verdacht steht, ein Schneeballsystem zu sein. Die Rede des Politikers erfolgte auf Duthions Anregung hin, wie das Investigativportal Mediapart enthüllt hat.

          Moderator vor Untersuchungsausschuss

          Wie ernst der Fall M’Barki ist, zeigt der Rahmen, in dem er sich erstmals zu den Vorwürfen äußern musste: Am Mittwoch wurde er vom parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu ausländischer Einflussnahme vernommen. Der vom Ausschuss befragte M’Barki bestreitet nicht, mit Duthion in Kontakt gewesen zu sein, nennt ihn einen seiner „Informanten“ und hat zugegeben, im Juni Bilder eines Wirtschaftsforums zwischen Spanien (der ehemaligen Kolonialmacht der Westsahara) und Marokko ausgestrahlt zu haben, die Duthion ihm geliefert habe. M’Barki will aber keine finanziellen Zuwendungen erhalten haben, bedauert höchstens mangelnde Quellenangaben. Ansonsten sieht er sich als Opfer einer „medialen Lynchjustiz“, die behauptete Verbindung zur Propagandafirma nennt er „Märchen“.

          Der Skandal ruft in Erinnerung, dass autokratische Staaten in Politik und Medien Europas ein Spielfeld gefunden haben, um Einfluss auszuüben. In diesem Fall hieß das – mutmaßlich: Man kontaktiert über Mittelsmänner einen nicht mehr ganz frischen Moderator, liefert ihm Inhalte und motiviert ihn zusätzlich. Ob und wie, das wird sich erst vor Gericht zeigen.

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