Fernsehlegende : Der letzte Oscar-Abend der Barbara Walters
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„Been there, done that”: Dreißig Jahre lang hat Barbara Walters den Oscar-Abend bestritten Bild: AFP
Sie stand da wie immer, unerschütterlich in ihrer Aura aus Frivolität und Feierlichkeit: Warum Barbara Walters, die seit dreißig Jahren vor der Oscar-Gala sich und die Stars der Stunde in sorgfältig inszenierten Interviews vorführte, nächstes Jahr fehlen wird.
Vom roten Teppich bis zu den Tränen der Gewinner und dem tapferen Lächeln der Verlierer, ein einziges Ritual. Und ein Ritual ist auf Dauer gebaut, es peilt die Ewigkeit an. Darum kommt es als Schock, dass nun ein als unverzichtbar angesehener Teil der Oscar-Verleihung zum letzten Mal zu erleben war. Barbara Walters, die alljährlich vor der Gala sich und die Stars der Stunde in sorgfältig inszenierten Interviews vorführte, wird nächstes Jahr fehlen. Warum? „Been there, done that“, hat sie zur Antwort gegeben.
Ja, schon. Sie war seit 1981 dabei. Sie kennt die Routine. Sie weiß und wir wissen, wie das Ganze geht. Aber so verhält sich das eben mit dem Ritual. Frau Walters, spekulieren wir mal ganz gewagt, muss wohl eher den rasanten Miniinterviews Platz machen, die jetzt auf dem roten Teppich bevorzugt werden. Ihre verhältnismäßig ausführlichen Begegnungen mit ein paar auserwählten Großberühmtheiten passen nicht mehr so richtig ins Schlaglichtgewitter, wie es heutzutage das Fernsehen über Hollywood niedergehen lässt.
Frivolität und Feierlichkeit
Es war also auch eine Übung in Nostalgie, diese letzte Oscar-Sendung der Walters, und ihrem Blick zurück sind wir gern gefolgt. Wir haben noch einmal mitangesehen, wie sie Oprah Winfrey interviewte, die ihr verriet: „Ich habe immer gespürt, dass ich für Großes ausersehen war.“ Wir waren noch einmal dabei, als sie Audrey Hepburn fragte, ob sie glücklich sei, und die ihr antwortete: „Very.“ Das schwierigste Interview, gestand sie uns, sei das mit Warren Beatty gewesen, der sich kaum zu einem „Yes“ oder „No“ durchringen konnte. Nicht nur Celine Dion und Jennifer Hudson, sondern auch John Travolta und Jamie Foxx haben sie angesungen. Tom Cruise hat sie erst angelacht und ihr Jahre später seine Flugzeugkollektion gezeigt. Steven Spielberg trat mit Mutter vor ihre Kamera.
Liz Taylor tat ihr kund, was auf ihrem Grabstein stehen sollte: „Hier liegt Elizabeth, die es hasste, Liz genannt zu werden.“ Sie ging mit Lauren Bacall in den Supermarkt, sie versuchte sich als Cowgirl auf der Ranch von Harrison Ford, sie ertüchtigte sich beim Krafttraining mit Sharon Stone. Nach dem Geschwindmarsch durch drei Jahrzehnte waren wir fast ein bisschen außer Atem, aber Barbara Walters stand da wie immer, kerzengerade und unerschütterlich in ihrer Aura aus Frivolität und Feierlichkeit.
Zwischen der Achtzigjährigen, die sie heute ist, und der Fünfzigjährigen von damals ließen sich keine nennenswerten Unterschiede erkennen. Selbst in Hollywood gibt es dafür keine Garantie. Natürlich hat sie auch nicht vergessen, was an diesem Abend vor sich ging. Mo'Nique, die Komikerin und Schauspielerin, war ihr Gast, und eine Stunde später hielt jene, tief gerührt, einen Oscar in der Hand (siehe auch: Oscar: Kathryn Bigelow und Christoph Waltz sind die großen Sieger). Kompliment, die Walters hatte wieder den richtigen Riecher. Und genauso hellsichtig war sie bei der Wahl für ihr allerletztes Interview: Sandra Bullock, die wenig später als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet werden sollte. Noch ohne Oscar war die Schauspielerin aber gewitzt genug, am Ende des Gesprächs den Spieß umzudrehen und die Interviewerin zu fragen, was sie sich denn für die Zukunft wünsche. „Zeit!“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Barbara Walters wird sich den Wunsch kaum erfüllen. Sie will weiter im Fernsehen auftreten und Sendungen produzieren, auch ihre Specials will sie nicht aufgeben. Nur die Oscars müssen künftig ohne sie auskommen.