FAZ.NET-Fernsehkritik : Stefan Raab verliert sein Millionenspiel
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Geschlagen, endlich: Stefan Raab Bild: obs
Selten war es im Fernsehen zu später Stunde so spannend wie an diesem Abend: Im allerletzten Moment gewinnt ein 31-jähriger Augsburger bei „Schlag den Raab“ 1,5 Millionen Euro - und Stefan Raab macht sich endgültig unverzichtbar für Pro Sieben.
Zum Schluss hat er ausgerechnet bei dem Spiel gepatzt, das er zuvor schon unzählige Male in „TV total“ trainieren konnte. Um 0.50 Uhr stellt Pro-Sieben-Pummel Elton bei „Blamieren oder kassieren“ die Frage: „Welche Taste muss man auf einem Handy drücken, wenn man in einer SMS den Buchstaben 'G' schreiben will?“ Raab haut auf seinen Buzzer, sagt „3“ - aber das ist falsch. Sein Herausforderer bekommt die Chance zu antworten und weiß: die „4“ muss gedrückt werden! In dieser Sekunde ist es entschieden: Raab verliert. Und Pro Sieben muss 1,5 Millionen Euro rausrücken, einer der höchsten Gewinne, die es im deutschen Fernsehen bisher abzuräumen gab.
„Ich suche Gegner, keine Opfer“, posaunte der „TV total“-Star zuvor in der Kampagne für die dritte Ausgabe seiner Mammutshow „Schlag den Raab“ heraus. Diesmal hat er einen würdigen Gegner gefunden: Der 31-jährige Entwicklungsingenieur Matthias Göbel aus Augsburg setzte sich im viereinhalbstündigen Live-Wettkampf gegen Raab durch. Und man kann ruhigen Gewissens behaupten, dass es auf Pro Sieben noch nie so spannend gewesen ist wie in dieser Nacht von Samstag auf Sonntag.
Ein nettes kleines Auto für die Freundin
Erst zwanzig Minuten vor der Entscheidung ging Raab beim Spiel „Wo liegt was?“ noch einmal in Führung: Die Kontrahenten mussten auf einer Europakarte markieren, an welchem Ort Roman Polanski geboren wurde. Raab tippte richtig auf Paris und überrundete seinen Gegner, der kurz darauf wiederum ein simples Puzzle schneller als Raab zusammensetze, wonach die Fragerunde mit Gastmoderator Elton zwangsläufig den Ausschlag geben musste.
Erstmals wurden in der Show alle fünfzehn vorbereiteten Aufgaben durchgespielt, acht davon hat der groß gewachsene Sportler, der schon in der Schule lauter Einsen abräumte, wie er im Einspieler verriet, für sich entschieden. Vorher meinte er, seine Freundin bekäme „ein nettes, kleines Auto“ geschenkt, wenn er gewinnen würde. Vielleicht wird das Auto jetzt etwas größer.
Ein paar Minuten Ruhe durch die Fernbedienung
Es hätte auch nicht anders kommen dürfen: Matthias, der zu Beginn der Show von den Zuschauern mit großer Mehrheit als Raabs Gegner ausgewählt worden war, trat gegen den selbst ernannten Alleskönner auf Augenhöhe an - anders als seine Vorgänger in den beiden Shows im vergangenen Jahr. Die hatten Raab schon früh in Führung gehen lassen und konnten sich nur in Ausnahmen durchsetzen, meist war der Wettkampf deshalb schon früh entschieden. Als Zuschauer saß man ein bisschen ratlos vor dem Bildschirm und rätselte, weshalb man sich den ganzen Samstagabend für ein Spiel freihalten sollte, das scheinbar unmöglich zu gewinnen war.
Jetzt, nachdem es doch geklappt hat, weiß man weshalb: Weil es nur äußerst selten vorkommt, dass man nach einer deutschen Samstagabendshow zitternd zur Fernbedienung greift, um den Fernseher auszuschalten und sich ein paar Minuten Ruhe zu gönnen.
Glücksfall für Pro Sieben
Für Pro Sieben ist der Ausgang der dritten „Schlag den Raab“-Show trotz des Preisgelds, das ausgezahlt werden muss, ein Glücksfall - weil sich damit bestätigt, dass das Konzept, Samstagabendunterhaltung für junge Zuschauer zu machen, tatsächlich aufgehen kann. Die TV-Macher aus dem Ausland werden neugierig hinüberlinsen: Einer der wenigen großen Stars, die sich das Fernsehen hierzulande aufgebaut hat, ist sich nicht zu fein, den eigenen Ehrgeiz zur Schau zu stellen und zu behaupten, er könne es mit jedem aufnehmen. Natürlich schaltet man da ein, um ihn scheitern zu sehen. Und wenn das dann passiert, ist die Sensation perfekt.