FAZ.NET-Fernsehkritik : Hardrock schlägt Hiphop
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Raab mit Co-Moderatorin Johanna Klum: Schlagfertig und die schönsten Knie des Abends Bild: AP
Mit knappem Punktevorsprung vor dem Favoriten Jan Delay gewinnen die Hardrocker Oomph! für Niedersachsen den dritten „Bundesvision Song Contest“. Stefan Raab musste sich im Berliner Velodrom ausnahmsweise einmal nicht selbst verausgaben. Von Peer Schader.
Niemand kann erwarten, dass sich das irgendwer vier Stunden am Stück ansieht. Aber dafür ist es wohl auch gar nicht gemacht. Wenn Pro Sieben wieder sein Programm einen ganzen Abend für Stefan Raab freiräumt, ist man als Zuschauer längst daran gewöhnt, zwischendurch mal aus dem Zimmer gehen zu können oder nebenbei ein bisschen in der Zeitung zu blättern.
Stefan Raab hat mit seinen endlos langen Liveshows ein Fernsehen für Nebenbeigucker erfunden. Das ist gar nicht negativ gemeint. Es ist nur so, dass man bei den ganzen Wok-WMs, den „Schlag den Raab“-Shows und den zahllosen anderen Wettbewerben, die der 40-Jährige im Jahr so alle bestreitet, nicht permanent hinsehen muss und sich nachher trotzdem gut unterhalten fühlen kann.
Bekannte Gesichter und Newcomer
Am Freitag musste Raab sich ausnahmsweise einmal nicht selbst verausgaben. Einmal im Jahr lässt er andere ans Mikro und spielt den Conferencier beim „Bundesvision Song Contest“, einem Länderwettbewerb, in dem 16 Künstler gegeneinander antreten, um nachher eine Trophäe mit nachhause zu nehmen, die von den Zuschauern per Telefeonvoting vergeben wird.
Ein paar bekannte Gesichter sind immer dabei und jede Menge Newcomer, weil es in Deutschland so viele Stars nun auch wieder nicht gibt, um jährlich 16 Berühmtheiten zu verschleißen. Bei den meisten Künstlern kann man beobachten, wie ihre Alben einen Tag später in den Verkaufs-Charts der Online-Händler nach oben rutschen, aber viele sind nach kurzer Zeit auch wieder vergessen.
Auf den Spuren von Lordi
Dass am Ende die Hardrocker Oomph! mit ihrem Song „Träumst du“ für Niedersachsen gewannen, war eine kleine Überraschung - aber das war es bei den Monsterrockern Lordi in Griechenland im vergangenen Jahr ja auch. Eigentlich galt der für Hamburg angetretene Jan Delay mit seinem Song „Feuer“ und dem dazugehörenden Pyrochtechnikspektakel als Favorit beim dritten „Bundesvision Song Contest“. Delay kennt man (nicht nur in Hamburg) von der Band Absolute Beginner.
Bereits in den beiden Jahren zuvor hatten bei der Abstimmung die Charts-Bekanntheiten Juli und Seeed die Nase vorn. Seeed, die im vergangenen Jahr für Berlin antraten, hatten den Contest in die Hauptstadt geholt.
Berlin als ideale Bühne
Wenn man bedenkt, wie unspektakulär Raabs Wettbewerb im vergangenen Jahr in Wetzlar aussah, müsste man sich eigentlich wünschen, dass die Berliner ab jetzt immer den Sieg abräumen. Im nächsten Jahr muss wohl erst einmal Hannover reichen. Das Berliner Tempodrom, von außen knallrot mit dem Pro Sieben-Logo angeleuchtet, war mit den sich um die Rundbühne in der Mitte schlingenden Zuschauerränge die ideale Contest-Umgebung. Und ausgerechnet die Band Mia machte mit ihrem Titel „Zirkus“, für den Sängerin Mieze in luftiger Höhe über der Bühne herumturnte, den Anfang.
Vor drei Jahren waren Mia bereits beim Vorentscheid für den „Eurovision Song Contest“ in der ARD dabei und mussten sich damals dem Raab-Zögling Max Mutzke geschlagen geben. Um viertel nach zwölf waren im Velodrom dann einige Buh-Rufe gegen Oomph! zu hören, weil das Publikum - wenn schon nicht Mia - doch wohl am liebsten Delay als Gewinner gesehen hätte.
Spaßige wie abwechslungsreiche Mischung