Beitrag bei Facebook : Sowjets und Nazis
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Das „Oversight Board“ von Facebook/Meta hat eine Grundsatzentscheidung gefällt. Bild: AP
Ein Facebook-Nutzer zog einen Vergleich zwischen dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine und Gräueltaten der Nazis. Der Beitrag wurde gelöscht. Der Beirat des Konzerns sagt: Das war falsch.
Das „Oversight Board“ von Facebook beziehungsweise des Mutterkonzerns Meta hat eine Löschentscheidung des Sozialmedienkonzerns rückgängig gemacht und dabei eine grundsätzliche Einordnung zur Darstellung von Gewalt im Krieg und historischen Vergleichen vorgenommen. Ein Nutzer aus Lettland hatte die russische Armee mit dem Vernichtungsfeldzug, den diese in der Ukraine führt, mit den Verbrechen der Nationalsozialisten in Verbindung gebracht und ein Gedicht zitiert, in dem dazu aufgerufen wird, Faschisten zu töten. Darin sah Facebook einen Verstoß gegen sein Verbot der „Hassrede“ und entfernte den Beitrag.
In einem zweiten Schritt wurde der Beitrag, nachdem das „Oversight Board“ den Fall aufgenommen hatte, wieder zugelassen, aber mit einem Warnhinweis wegen der Darstellung „grausamer und verstörender Inhalte“ versehen. Beides war nach Ansicht des Facebook-Beirats, dem 40 Mitglieder aus aller Welt – Publizisten, Wissenschaftler und ehemalige Politiker – angehören, falsch.
Der Beitrag zeigte das Bild eines von der russischen Armee im ukrainischen Butscha getöteten Zivilisten. Die Verbrechen der sowjetischen Armee im Zweiten Weltkrieg seien als Rache für die von den „Nazi-Soldaten“ begangenen Taten entschuldigt worden. Nun sei die russische Armee aufgrund der begangenen Gräueltaten „faschistisch“ geworden, schrieb der Nutzer in seinem in russischer Sprache verfassten Text und zitierte das Gedicht „Töte ihn!“ des sowjetischen Schriftstellers Konstantin Simonow. Nach den Gräueltaten von Butscha könnten die Ukrainer versucht sein, dafür Rache zu nehmen, hieß es im Text.
Historische Parallelen zu ziehen, so das Oversight Board von Facebook/Meta, verstoße nicht gegen die Richtlinien des Konzerns. Der Beitrag des Nutzers aus Lettland stelle russische Soldaten nicht unter Generalverdacht und kritisiere sie nicht wegen ihrer Nationalität, sondern greife konkretes Verhalten auf, das dem der Nazis ähnele. Simonows berühmtes Gedicht werde als künstlerische Referenz herangezogen, auch das sei gestattet. Insgesamt warne der Beitrag vor der Wiederkehr der Gewalt und der Wiederholung der kriegerischen Geschichte. Er rufe nicht zu Gewalt auf, sondern thematisiere einen völkerrechtswidrigen Krieg. Das Bild eines getöteten Menschen diene nicht der Zurschaustellung, sondern der Verurteilung von Gewalt. Diese Unterscheidung müsse Facebook in seine Richtlinien, nach denen die Moderatoren des Konzerns ihre Löschentscheidungen treffen, explizit hineinschreiben.