Ein Denkmal für „Bild“ : Unser Mann auf der Mauer
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Dreieinhalb Meter groß und aus Bronze: Stephan Balkenhols Mauerläufer Bild: dpa
Die „Bild“-Zeitung wird immer feuilletonistischer. Jetzt hat sie in Berlin unter intensiver hauseigener Vorberichterstattung sogar ein Denkmal enthüllt. Es stammt von Stephan Balkenhol und heißt „Balanceakt“. Der Name passt.
Da steht er, dreieinhalb Meter groß und in Bronze, das rechte Bein auf einer Mauer, das linke in der Luft, ein Gleichgewicht suchend, der – ja, wer eigentlich? Der Bildhauer Stephan Balkenhol hat dem Mann, der am Montag vor dem Springer-Hochhaus in Berlin enthüllt wurde, keinen Namen gegeben. Der Titel seiner Skulptur bezeichnet eine Tätigkeit, die nie endet, weil der Zustand, den sie anstrebt, zwar erreicht, aber nicht für immer gewonnen werden kann – „Balanceakt“.
Das Werk entstand im Auftrag der „Bild“-Zeitung und soll an den Fall der Berliner Mauer erinnern. Nachdem das Blatt zuletzt sechzig Kunstwerke aus sechzig Jahren Bundesrepublik präsentierte, lässt es nun noch ein eigenes schaffen. Gab es früher bei „Bild“ nur ab und an ein Kulturstück, scheint man jetzt zum Aufbau eines Feuilletons im Wortsinn entschlossen.
Ein schmaler Grat
Die Präsentation des Denkmals wurde seit Tagen im Blatt so intensiv verfolgt, wie sich das für ein selbstgeschaffenes Ereignis gehört. Als es noch in blaue Folie gehüllt und mit der Aufschrift „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“ versehen war, durften sich Passanten fragen, was sich darunter verbergen könnte. Die Vermutungen reichten von „Helmut Kohl“ über „Walter Ulbricht“ bis „Barbies Mann Ken“.
Nun ist es also ein Mauerläufer geworden, jedenfalls ist das die naheliegende Assoziation an einem Ort, der noch vor zwanzig Jahren direkt an oder – je nachdem – hinter der Mauer lag. Ihr Verlauf ist heute in einem Streifen Pflasterstein in die Berliner Straßen eingelassen, so auch in jene, die an der Skulptur vorbeiführt, von der sich auch an einem anderen Ort hätte sagen lassen, dass es ein schmaler Grat sei, auf dem sie da balanciert, von nun an jeden Tag. Hinter dem Verlagshaus verläuft eine Straße, die auf Anregung einer anderen Zeitung seit einiger Zeit den Namen Rudi Dutschkes trägt, auch das ein Denkmal, noch eins.