Drehbesuch am Naturfilm-Set : Etwas „überdrüber“ darf’s schon sein
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Mitunter kommt er auch von links: Rothirsch am Grat Bild: Servus TV, Klaus Illitsch
Servus TV gibt sich bodenständig und liebt doch Höhenflüge, selbst wenn die Brause seines Besitzers keine Flügel verleiht. Markenzeichen des Senders sind aufwendige Naturfilme. Wie entstehen sie? Ein Besuch im Wald.
„Haben S’ schon mal a Hirschbrunft gesehen?“ - Der Redakteur begrüßt uns in Lederhose bei der Ankunft in Bad Gastein, Hans-Peter Stauber ist mit Haut und Haaren ein Mann für Bergthemen und Sport, früher beim ORF, schon seit ein paar Jahren nun bei Servus TV. Er hat seinen Hund Zeus dabei, einen Terrier in Beigebraun, der passt zur sanft grünen Tracht. Das Gasteinertal hat sich in schönsten Herbstfarben aufgebäumt.
Wir sind hier, um dem Geheimnis seines Arbeitgebers auf die Spur zu kommen, eines Senders, der beim Zappen vielleicht manchem eher durchrutscht, weil sein Name ein bisschen lustig nach Regionalfernsehen klingt. Wenn Stauber darüber spricht, klingt es ganz anders und erhält fast eine Grandezza: Der Raum, in dem man „Servus“ sage, reiche schließlich von Bayern bis Triest, bis hinein nach Ungarn, über viele Grenzen und ganz verschiedene Natur-und Kulturlandschaften hinaus.
Fünf Jahre gibt es Servus TV jetzt, und längst hat sich herumgesprochen, dass dieser Privatsender den öffentlich-rechtlichen Kanälen ordentlich Konkurrenz macht, und das nicht nur im Kultur- und Dokumentarprogramm, sondern auch durch gute Spielfilme. Wert legt der Sender auf Eigenproduktionen. Etwa sechzig Prozent des Programms machen sie aus, und besonders die Naturfilme fallen auf. Wie aber entsteht eine solche Doku?
Tarnkleidung selbst auf dem Kopf
Im Geländewagen geht es hoch ins Jagdrevier von Thomas Tscherne. Der Gasteiner aus einer alten Hoteliersfamilie hat die Försterschule besucht und trägt die Haare zum Pferdeschwanz gebunden. In jahrzehntelanger Arbeit hat er hier wieder einen großen Hirschbestand aufgebaut. Wenn er erzählt, fangen seine Sätze oft an mit: „Was die Leute gar nicht mehr wissen ...“. Sie wüssten zum Beispiel nicht, dass ein Hirsch auf seine Brunft so konzentriert sei, dass er wochenlang nicht zum Fressen komme. Oder dass so ein Hirschgeweih ein Drittel des Körpergewichts ausmache, bevor es abgeworfen werde.
Stauber hatte die Idee, aus dem Jäger einen Bilderjäger zu machen: Zusammen mit dem Kameramann Klaus Illitsch, der sich auch „Der Filmfuchs“ nennt und eine kleine Produktionsfirma betreibt, die individuelle „Jagdreisebegleitung“ anbietet, hat er nun schon Wochen im Wald verbracht. Illitsch, der stets gut dreißig Kilo Ausrüstung auf dem Rücken schleppt, ist darüber dünn geworden und zeigt den locker sitzenden Hosenbund.
Wir müssen jetzt sehr still sein und schleichen, und zwar in Tarnkleidung, selbst auf dem Kopf, nur ein Schlitz für die Augen ist frei. Das Wild bemerke ein Gesicht schnell und werde davon aufgeschreckt, sagt der Filmfuchs. Endlich erreichen wir einen Baumstamm. Er liegt am Rand einer Lichtung. Dann heißt es warten. Nach anderthalb Stunden bewegt sich ganz oben an der Lichtung etwas. Was, ist mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Der Kameramonitor von Klaus Illitsch zeigt gestochen scharf einen Hirsch.
Die Härtesten unter der Sonne
Solche Bilder würden alle sorgsam archiviert, sagt Redakteur Stauber später, zum Beispiel unter „Hirsch, Vierzehnender, kommt von rechts“. „Und wenn irgendwann jemand mal Bilder von einem Vierzehnenderhirsch braucht, der von rechts aus dem Wald kommt, dann ist er da!“ Er meint das durchaus ernst: Für einen jungen Sender sei es eminent wichtig, ein eigenes Archiv aufzubauen, um Sendungen oder auch einzelne Filmpassagen vielleicht einmal wieder weiterverkaufen zu können.
Stauber ist es offenbar sehr wichtig, dass man beim Sender des Milliardärs Dietrich Mateschitz nicht etwa verschwenderisch mit den Ressourcen umgeht: „Wir bemühen uns, das Budget so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört auch eine gute Planung von Synergien zwischen verschiedenen Projekten.“ So könne man die gerade gedrehten Bilder sowohl für die Reihe „Wildes Land“ als auch für eine Doku über das Gasteinertal verwenden.