https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/diskussion-um-fotomontage-ard-verhuellt-merkel-13841130.html

Diskussion um Fotomontage : ARD verhüllt Merkel

  • -Aktualisiert am

Merkel im Tschador, Minarette über dem Reichstag: Screenshot aus dem „Bericht aus Berlin“ Bild: Screenshot/ARD

Zuspitzung, Satire oder Anti-Islam-Propaganda zur besten Sendezeit? Mit einer Hintergrundgrafik mobilisiert der „Bericht aus Berlin“ seine Zuschauer. Die Erklärung der Redaktion beruhigt die Gemüter kaum.

          1 Min.

          Die Kanzlerin im schwarzen Tschador, hinter ihr der Reichstag mit Minaretten und Halbmond: Mit dieser Grafik stimmte am Sonntag der „Bericht aus Berlin" in der ARD die Zuschauer auf einen Beitrag zur Flüchtlingskrise ein (hier das Video).

          „Schaffen wir das wirklich, oder sind wir überfordert?" fragte Moderator Rainald Becker und schob gleich eine Reihe weiterer Fragen nach, auf die es auch noch keine Antworten gebe: „Wenn wir es schaffen, was geschieht mit unseren Werten? Wie verändert sich das Leben? Ja, wie reagieren wir, wenn Flüchtlinge Probleme haben - mit der Gleichstellung, mit Frauenrechten, mit Presse- und Meinungsfreiheit?" Diese Fragen schürten Ängste, so der stellvertretende Chefredakteur des ARD-Hauptstadtstudios.

          Ängste schüre eher die ARD mit solchen Fotomontagen, meinten zahlreiche Zuschauer, die im Netz erboste Kommentare hinterließen. „Bildrhetorik der NPD/AfD/Pegida - Das ist kein konstruktiver Journalismus. Pfui!" empört sich ein Nutzer im populärsten Kommentar auf der Facebook-Seite der Sendung. „Die Stimmung dreht wegen solcher Diffamierung und Propaganda. So kann ja keine Integration gelingen."

          Andere kontern mit Kommentaren wie: „Kann es sein dass hier einige die Konfrontation mit einer Zukunft nicht ertragen, an deren Realisierung sie gerade fleißig mitarbeiten? Ich bin positiv überrascht dass ein Sender plötzlich satirisch-kritisch Kante zeigt, der sich lange Zeit auf kitschige Rührstücke beschränkt hatte."

          Fremdenfeindlichkeit : Tausende Pegida-Anhänger demonstrieren in Dresden

          Die Redaktion reagiert

          Dass auf ihrer mit weniger als 9000 Likes normalerweise eher ruhigen Facebookseite und anderen Kanälen munter debattiert wurde, entging der Redaktion nicht. „Wir freuen uns über die zahlreiche Kritik an unserer Grafik“, teilte sie am Montag mit, „und bedauern sehr, dass einige mit unserer Darstellung der Bundeskanzlerin nicht einverstanden waren oder sie gar missverstanden haben.“

          Ziel der zugespitzten Darstellungsform sei es gewesen, „Aufmerksamkeit zu schaffen und zu polarisieren“. Die Argumentation geriet allerdings ein wenig schräg: In der Merkel-Tschador-Grafik spiegelten sich Errungenschaften „unserer westlichen Gesellschaft“ wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Gleichstellung wider.

          „Dadaismus vom Feinsten“, kommentiert ein Nutzer in der wiederum aufflackernden Diskussion. Andere verteidigen die Freiheit der Satire.

          Abzuwarten bleibt, ob diese Geschichte den Sprung von den Facebook-Kommentarspalten in die große politische Debatte schafft, oder ob es beim Online-Empörungsstürmchen bleibt. Dass es in ARD-Führungskreisen und im Hauptstadtstudio angeregte Diskussionen gab, davon kann man wohl ausgehen.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Aktiv in Richtung Lebensabend: Kann Arbeit attraktiver sein als Freizeit?

          Rente und Hinzuverdienst : Wenn sich Arbeit kaum lohnt

          Ältere dürfen jetzt auch neben einer vorgezogenen Rente unbegrenzt Arbeitslohn beziehen. Das soll motivieren und Personalnot lindern – aber hohe Abgaben schrecken ab, zeigt eine Studie.

          Milliarden in den Sport : Saudi-Arabien macht ernst

          Im Golf macht Saudi-Arabiens Kronprinz bin Salman nun gemeinsame Sache mit der amerikanischen PGA-Tour. Im Fußball forciert er massive Investitionen in die heimische Liga. Welches Ziel verfolgt er?
          Gegenspieler nicht nur in Stilfragen: Anna Wintour und Edward Enninful unlängst in Mailand

          Machtkampf bei Vogue : Triumph der alten weißen Frau

          Als Chefredakteur der britischen „Vogue“ stand Edward Enninful im Zentrum der Kulturkämpfe. Er galt als Nachfolger der legendären Anna Wintour. Trotz seines Erfolgs wird er nun ins Abseits befördert. Warum nur?

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.