TV-Serie „Das Pubertier“ : Hormone und Humor
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Familie kann so schön sein! Sara (Chiara Schoras, links), Pubertier Carla (Mia Kasalo), Papa Jan (Pasquale Aleardi) und Sohn Nick (Levi Eisenblätter) albern herum. Bild: ZDF/BRITTA KREHL
Kein Spaß für die ganze Familie: „Das Pubertier“ bietet Retro-Fernsehen im besten Sinne. Statt „Härtetest“ und existentieller „Zerreißprobe“ sind Vater, Mutter und Kind(er) im Dauer-Sitcom-Modus.
Wo bis weit ins Erwachsenenalter hinein Eltern die besten Freunde ihrer Kinder bleiben, wo Mutter und Tochter den Klamottengeschmack teilen und Söhne praktisch gleich nach der Geburt in Papis Firma einsteigen (oder auch alles anders- und querherum, wir wollen keinesfalls steinzeitliche Gendertypisierung unternehmen), wo pausenlos alles ausdiskutiert, eingeordnet und vernünftig zu den (Erbschafts-)Akten gelegt wird, da verschwindet die Kluft zwischen Heran- und Erwachsenen. Die Pubertät mit ihrem gewaltigen Humorpotential droht vielleicht auszusterben. Eine schreckliche Vorstellung. Allerdings nur, wenn man nicht selbst betroffen ist.
Wenn das nicht passieren sollte, dann ist es auch das Verdienst des Kolumnisten und Bestsellerautors Jan Weiler, der nach „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ mit seinen Büchern über das gefährliche Monster „Pubertier“ das Phänomen anekdotenreich am Leben hält. Weiler ist bekennender Familienliebhaber. Man kann getrost von schlimmer nostalgischer Gefühlsduseligkeit sprechen. Und da Retrofernsehen im Trend ist, war es eine Frage der Zeit, bis das „Pubertier“ in Serie ging. Für das ZDF eine schöne Möglichkeit, in puncto Familienserie zu Zuständen noch jenseits von „Ich heirate eine Familie“ zurückzukehren (alles andere läuft bei ZDFneo).
Serientrailer : „Pubertier“
Während in der Serie mit Thekla Carola Wied und Peter Weck schon in den Achtzigern Freuden und Leiden des Patchworkens thematisiert wurden, verpackt die neue Serie ihr Thema als Loblied auf die klassische Familienkonstellation Vater, Mutter, Mädchen, Junge. Die „traditionelle TV-Familie“ solle hier auf den Schirm zurückgeholt werden, betonen die Produzenten Markus Brunnemann und Joachim Kosack (UFA Fiction), aber auf „moderne Weise, weit weg von heimeliger Familienseligkeit oder muffiger Reihenhausspießigkeit“. Kann man so machen, das gehört auch zur Diversifizierung. Der zehnjährige Sohn der Familie, Nick (Levi Eisenblätter) glänzt also beim klassischen Ballett und tritt in der Aufführung beim Tanz des Gemüses als Erbsenschote auf. Vater Jan (Pasquale Aleardi) ist als Freiberufler immer am Rande des Nervenzusammenbruchs und doch immer abkömmlich; Mutter Sara (Chiara Schoras) ist lässiger drauf und arbeitet in einer sozialen Einrichtung, so dass sich beide vollkommen gleichberechtigt Erwerbsarbeit und Erziehungsarbeit teilen.
Dadurch kann das „Pubertier“, welches in der ehemals süßen, ex-papavergötternden Carla Maybacher (Mia Kasalo) wohnt, beide vollkommen gleichberechtigt quälen. Mit Herumzicken fängt es an, geht über das Nichtaufstehenwollen zur Badbelagerung über und gipfelt in Peinlichkeitsphantasien, unter denen vorwiegend der narzisstisch gekränkte Vater zu leiden hat. Unterdessen nervt Jans Schwester Julia (Henriette Richter-Röhl) alle als genuine Hysterikerin. Dass sie sich als Architektin um die Dauerbaustelle des Maybacherschen Rohbaus kümmert, hilft wenig.
Neu sind die Großeltern Gisela und Eberhard, gespielt von Gisela Schneeberger und Dietrich Hollinderbäumer mit entschiedenem Alt-Achtundsechzigercharme. Bei Eberhard brechen gerade die „Naturgewalten“ durch. Er hat sich mit Heidi (Annette Frier) eine Geliebte zugelegt, die früher in Jans Parallelklasse ging und an die er unrühmlich-peinliche Erinnerungen knüpft.
„Das Pubertier“ zeigt sechs Folgen lang „klassische“ Familie im permanenten Sitcom-Modus – von innerfamiliärem „Härtetest“ und existentieller „Zerreißprobe“, wie es der Begleittext glauben machen will, keine Spur. Die eigentliche Hauptfigur ist Vater Jan. Aus seinen in der Regel aberwitzigen und vergeblichen Liebesmühen erhält die Serie ihren flotten „Best of Family“-Bilderbogen. Tochter Carla wirkt demgegenüber einfach altersgerecht typisch. Die Autoren David Ungureit, Alexandra Maxeiner und Marc Terjung halten sich nicht nur an das Buch von Weiler, sondern scheinen an Familien-Sitcoms wie „Alle lieben Raymond“ Maß genommen zu haben. Was ja nicht das Schlechteste ist. Gute Unterhaltung braucht nicht zwanghaft Tiefenschürfung.