Rube-Goldberg-Maschinen : Langsam sinnlos schön
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Motoröl bewegt einen Golfball – sehr, sehr langsam. Bild: Field Day via Youtube
Rube-Goldberg-Maschinen erledigen einfache Aufgaben mit einem absurd komplizierten Mechanismus. Auf Youtube feiert gerade eine besonders langwierige Variante große Erfolge.
Das ist sie also: die langsamste Rube-Goldberg-Maschine der Welt. Der amerikanische Erfinder Bob Partington hat sie gebaut, und sie befördert einen Golfball in nicht weniger als sechs Wochen, drei Tagen, sieben Stunden und zwei Minuten in ein vermutlich nur wenige Meter entferntes Loch. Er bewegt sich dabei unter anderem mit einem Spielzeugboot, das träge auf sich ausbreitendem Motorenöl schwimmt, und auf dem Rücken einer Schildkröte, die gemächlich, aber zielstrebig einen Leckerbissen ansteuert, überwindet mehrere langsam schmelzende Eis-am-Stil-Hindernisse und wird schließlich von emporsprießendem Rasen vorangetrieben.
Dank Zeitraffer kann man dem Gras gut beim Wachsen zusehen. Gut zwei Minuten dauert der ganze Marathon nur, während Kanye West „Drive Slow“ rappt.
Rube-Goldberg-Maschinen sind Apparate, die mit einem absurd komplizierten Mechanismus einfache Aufgaben erledigen, benannt nach dem amerikanischen Cartoonisten, der sie vor hundert Jahren in immer wieder neuen Varianten zeichnete. In der „Sesamstraße“ tauchten sie als Was-passiert-dann-Maschinen auf; der berühmteste ist der, den Fischli und Weiss bei der Documenta 8 in ihrem Film „Der Lauf der Dinge“ in Szene gesetzt haben; das Kettenreaktionsvideo „This Too Shall Pass“ der amerikanischen Rockband Ok Go wurde auf Youtube fast fünfzig Millionen Mal angesehen.
Sie haben eine zeitlos-universale Anziehungskraft, was an der Faszination der Mechanik liegt, dem Staunen und Mitfiebern, ob jeder Dominostein richtig fällt, aber auch an der bezaubernden Kombination von Leidenschaft, Mühe und vollständiger Sinnlosigkeit. Sie sind wie gemacht für Youtube, wo sich Verrückte wie ich die Kipp-Roll-Fall-Spektakel immer wieder ansehen können, und die Videoplattform wäre ein um ein Vielfaches attraktiverer Ort, wenn „Rube Goldberg“ dort ein ähnliches Standardgenre wäre wie der „DM-Haul“ oder das „Let’s Play“. Davon sind wir weit entfernt, aber es gibt sie, die Videos von jungen Menschen, die tagelang in ihren Zimmern Kettenreaktionen aufbauen, wieder aufbauen und noch mal aufbauen, bis endlich die ganze Abfolge wie geplant gelingt. In Making-ofs zeigen sie dann noch, was alles nicht funktioniert hat (oder dass der Glückskeks, der am Ende einer Maschine geknackt wird, beim gelungenen Versuch leider doch nicht die schöne Botschaft enthielt: „Nichts ist Zeitverschwendung, wenn man etwas dabei lernt“).
Unter der „Rube-Slowberg“, der langsamsten Maschine, weisen Kommentatoren natürlich darauf hin, dass es eigentlich gar keine richtige Rube-Goldberg-Maschine ist, weil sie nicht mit einem einzigen Anstoßpunkt auskommt, sondern getrickst wurde. (Dass die Schildkröte etwa tagelang wartete, bis endlich der Golfball vorbeikam, darf als eher unwahrscheinlich gelten.) Der Erfinder bestreitet das auch gar nicht, weist aber zu Recht darauf hin, dass das der Schönheit der Sache nur wenig Abbruch tut. Im Making-of demonstriert er, wie er nach und nach die Grassamen bewässerte, was natürlich streng genommen auch regelwidrig ist, aber für den schönsten Zeitraffereffekt sorgte.
Andere Kommentatoren geben hilfreiche Ratschläge, wie sich die Maschine noch hätte aufpeppen lassen: wenn an irgendeiner Stelle ein Pechtropfen eingebaut worden wäre. Verzögerung, schätzungsweise: zehn Jahre.