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Populisten-Wahlkampf : Jagd der FPÖ auf Armin Wolf geht weiter

Ihn hat sich die FPÖ zum Antagonisten erkoren: der Nachrichtenmoderator Armin Wolf. Bild: dpa

Die FPÖ hat den Nachrichtenmoderator Armin Wolf weiter im Visier. Sie fordert seinen Rauswurf und schießt aus allen Rohren gegen den ORF. Wo bleibt die Reaktion von Bundeskanzler Sebastian Kurz?

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          In Österreich geht die blaue Wolfsjagd weiter. Dabei steht „blau“ für die rechte Regierungspartei FPÖ, Juniorpartnerin der konservativen ÖVP unter Kanzler Sebastian Kurz, und „Wolf“ für den ORF-Journalisten Armin Wolf. Mehrere FPÖ-Politiker griffen Wolf scharf an, forderten seine Entfernung aus der Nachrichtensendung ZIB2, die er moderiert, oder setzten ihn gar mit NS-Richtern gleich. Die Dienstleistungsgewerkschaft GPA-djp forderte am Montag Kurz zum Eingreifen auf. Doch die bisherigen Interventionen aus dem Kanzleramt in dieser Sache haben die FPÖ nicht sehr beeindruckt.

          Stephan Löwenstein
          Politischer Korrespondent mit Sitz in Wien.

          Wolf hatte den FPÖ-Generalsekretär und EU-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky vergangene Woche in einem Interview mit einem Plakat einer FPÖ-Jugendorganisation konfrontiert, das später unter anderen von muslimischen und jüdischen Gemeindevertretern als offen rassistisch klassifiziert wurde.

          Wolf stellte das Plakat mit einem Titel des einstigen NS-Hetzblatts „Stürmer“ nebeneinander. Vilimsky reagierte auf diesen Vergleich mit heftigem Protest, drohte „Folgen“ an, forderte später ausdrücklich den Rauswurf Wolfs. Der frühere FPÖ-Vorsitzende Norbert Steger, inzwischen als Vorsitzender des ORF-Stiftungsrats in einer auf den öffentlichen Rundfunk einflussreichen Position, bezeichnete es als „pervers, dass man solche lauen Lüfterl (gemeint war das Plakat) immer mit Nazis vergleicht“. Die Abgeordnete Ursula Stenzel (FPÖ; früher ÖVP; noch früher ORF) fühlte sich durch Wolfs „Verhörton“ gar an den nationalsozialistischen Volksgerichtshof erinnert.

          Kurz‘ rechte Hand, Kanzleramtsminister Gernot Blümel, hat politische Einmischungen in die ORF-Personalien in einer halbwarmen Erklärung kritisiert, die ÖVP bezeichnete Stenzels Wortwahl als inakzeptabel. Doch die FPÖ macht unverdrossen weiter. Steger, der gleichsam den „Aufsichtsrat“ des ORF führt, legte Wolf nahe, ein Sabbatjahr zu nehmen, und zwar großzügigerweise auf Kosten der Gebührenzahler. Das hat Wolf selbstverständlich nicht vor, wie er inzwischen mitteilte.

          Für die FPÖ ist das ORF-Bashing offensichtlich ein Wahlkampfschlager für die Europawahl. Der Name Wolf dürfte dabei vor allem dazu dienen, dieser Kampagne ein (antagonistisches) Gesicht zu geben. Doch bedeutet diese Analyse keine Entwarnung, der ganze Vorgang ist hinsichtlich der Medienfreiheit hochbedenklich.

          Wolf mag unbeeindruckt bleiben, so äußerte er sich jedenfalls in einer sachlichen Darstellung der Vorgänge auf seinem Blog. Aber im ORF zeigt die Kanonade der FPÖ schon Wirkung. So wurde in einer Satiresendung bei der Bemerkung, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache habe einen Weg „vom Neonazi zum Sportminister“ zurückgelegt, das Wort „Neonazi“ mit einem Piepton überblendet. Dabei hat sich der junge Strache nachweislich in einem Neonazi-Umfeld bewegt.

          Die FPÖ agiert wie eine populistische Opposition, aber sie ist Regierung. Mit dieser Verantwortung ist ein solches Verhalten nicht vereinbar. Nebenbei hat sie sich ein weiteres Problem aufgehalst. Das beanstandete Plakat ist tatsächlich schlimm, schlimmer noch als das Braunauer „Rattengedicht“, von dem sich die FPÖ-Spitze unisono distanzierte. Wie aber will die FPÖ hier die Kurve kriegen, nachdem sie sich deswegen so auf Wolf eingeschossen hat? Und wenn nicht, kann wiederum Kurz nach seinen früheren Interventionen jetzt still bleiben?

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