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Deutscher Fernsehpreis : Aus, aus, aus! Aus! Der Preis ist aus!

Da sorgte der Deutsche Fernsehpreis noch für Aufsehen: 2008 wies Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki auf der Bühne den Ehrenpreis für sein Lebenswerk zurück. Moderator Thomas Gottschalk (l.) versuchte, die Situation zu retten. Bild: dpa

Nach der letzten Verleihung hatte es noch einen Funken Hoffnung gegeben, dass ARD, ZDF, RTL und Sat.1 den Deutschen Fernsehpreis am Leben erhielten. Jetzt wird er sang- und klanglos beerdigt.

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          Wie hatte Klaas Heufer-Umlauf bei der Preisgala in Köln im vergangenen Oktober noch gewitzelt? „Der letzte Deutsche Fernsehpreis der Welt“ werde hier vergeben, sagte er und machte seine Sache als Moderator so gut, dass man sich dachte: Nach fünfzehn Jahren haben die Sender endlich kapiert, wie man einen solchen Preis ausrichtet – mit Würde und Witz. Es müsste doch jetzt gar nicht enden.

          Michael Hanfeld
          verantwortlicher Redakteur für Feuilleton Online und „Medien“.

          Doch Pustekuchen: Am Donnerstag haben die Vertreter der Preisstifter, Tom Buhrow (WDR/ARD), Thomas Bellut (ZDF), Frank Hoffmann (RTL) und Nicolas Paalzow (Sat.1) beschlossen, dass der Preis beerdigt wird. Von 2016 an gibt es keine Gala mehr, sondern nur noch einen „Branchentreff“, auf dem die „besten und erfolgreichsten Produktionen eines Fernsehjahres“ gewürdigt werden. Im Fernsehen selbst wird davon nichts mehr zu sehen sein.

          Vor zwei Jahren kam es zum Eklat

          Die elf Produzenten, die der Einladung gefolgt waren, Konzepte für einen neuen Deutschen Fernsehpreis inklusive Gala und Fernsehübertragung zu entwickeln, haben also vergebens gearbeitet. Die Einschätzungen der beteiligten Sender lagen zu weit auseinander, als dass sie sich hätten einigen können.

          Die Öffentlich-Rechtlichen hätten gerne weitergemacht – was kein Wunder ist, da sie regelmäßig die meisten bis fast alle Preise gewonnen haben. Die Privatsender sahen ihre Felle davon schwimmen – was kein Wunder ist, da sich in ihren Programmen in den letzten Jahren kaum Innovatives, Herausragendes findet. Sie bieten Unterhaltung, fiktionale Programme werden in großen Stil eingekauft, aber kaum noch selbst produziert. Erfolgreiche und originelle Serien wie „Der letzte Bulle“ und „Danni Lowinski“ auf Sat.1, die beide beendet worden sind, bestätigen die Regel. Die Jury des Deutschen Fernsehpreises konnte gar nicht anders, als bei den Privatsendern immer weniger fündig zu werden.

          Bei Sat.1 wiederum war man spätestens vor zwei Jahren bedient, als die konkurrierenden Kanäle sich – nach dem Dafürhalten des Privatsenders – nicht mehr an die Verabredung hielten, gegen den Termin der Ausstrahlung der Preisgala nicht gerade die quotenträchtigsten Sendungen aufzubieten. Es schien so, als seien die Konkurrenten froh, den Deutschen Fernsehpreis gerade nicht zeigen zu müssen. Die Auszeichnung wurde zum Schwarzen-Peter-Spiel. Es krachte im Gebälk. Und dann moderierten Cindy von Marzahn und Oliver Pocher den Preis seinerzeit auch noch in Grund und Boden. Ein einziger Eklat.

          Was soll denn der „Branchentreff“?

          Doch schien die Gala dann - im vergangenen Jahr - eine Wieder-Annäherung der Sender zumindest anzudeuten. Sie wurde gemeinsam moderiert von Sandra Maischberger (ARD), dem Schauspieler Hans Sigl (ZDF) und Klaas Heufer-Umlauf (Pro Sieben Sat.1). Das Zusammenspiel des Trios klappte. Doch das war nur die Oberfläche. Hinter den Kulissen deutete sich an, dass es einer großen Kraftanstrengung bedurfte, um die vier Preisstifter wieder auf einen Nenner zu bringen.

          Mit dem nun geplanten „Branchentreff“ macht sich die Branche selbst klein und - lächerlich. Wahrscheinlich werden die Auszeichnungen dort verschämt, in Packpapier gewickelt, den Preisträgern unter dem Tisch rübergeschoben. Möglichst unauffällig. Im Flüsterton. Wie auf dem Schwarzmarkt.

          Ein Armutszeugnis

          Für die großen Vier; für ARD, ZDF, RTL und Pro Sieben Sat.1; für die bestimmenden Sendergruppen auf dem zweitgrößten Fernsehmarkt der Welt, ist das ein Armutszeugnis. Amerika hat die Emmys und die Golden Globes. Deutschland hat die Auszeichnungen von Grimme (die eigentlich immer nur ARD und ZDF einkassieren) und den Bayerischen Fernsehpreis.

          Ist schon komisch, dass eine Branche, deren Sinnen und Trachten, Planen und Produzieren darauf gerichtet ist, beim Publikum anzukommen und möglichst viele Zuschauer zu erreichen, eben diesen die Auszeichnung der nach Jurymeinung besten Produktionen gar nicht mehr zeigen will.

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