Nach Antisemitismus-Vorwurf : Deutsche Welle stellt Mitarbeiter frei
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Das Gutachten zu den Antisemitismus-Vorwürfen gegen Mitarbeiter und Partnersender der Deutschen Welle fördert Gravierendes zutage. Bild: dpa
Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion der Deutschen Welle sollen sich judenfeindlich geäußert, einer den Holocaust geleugnet haben. Der Sender hat die Betreffenden suspendiert und verrät, wer die Sache untersuchen soll.
Nach den Antisemitismusvorwürfen gegen mehrere Mitarbeiter der Deutschen Welle (DW) stellt der deutsche Auslandssender die betreffenden Journalisten für die Zeit einer unabhängigen externen Untersuchung frei. Diese hatte die Deutsche Welle bereits am Mittwoch angekündigt. An diesem Freitag wurde bekannt, dass die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Psychologe Ahmad Mansour die Untersuchung leiten sollen.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist unter anderem ehrenamtliche Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Ahmad Mansour ist Islamismus-Experte. „Ich danke beiden für ihre Bereitschaft, zu einer schnellen Aufklärung in dieser für die DW schwierigen Situation beizutragen“, sagte Intendant Peter Limbourg. Sie seien „für diese Aufgabe besonders profilierte Persönlichkeiten“. Basierend auf den Ergebnissen der Prüfung werde die Geschäftsleitung des Senders „unverzüglich entsprechende Konsequenzen ziehen“.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, dass mehrere Mitarbeiter der Arabisch-Redaktion des Senders sich in sozialen Medien antisemitisch geäußert haben sollen. So soll ein Redakteur im Sommer 2017 unter einer Beileidsbekundung für einen Holocaustleugner geschrieben haben, der Massenmord an den Juden sei ein „künstliches Produkt“. Einige Monate später soll er einen Post veröffentlicht haben, in dem es hieß, Juden würden „die Gehirne der Menschen durch Kunst, Medien und Musik kontrollieren“. Einige der Beiträge, auch anderer Mitarbeiter der DW, sollen später gelöscht worden sein. Der Sender teilte abermals mit, zu seinen Prinzipien gehöre das „deutliche Bekenntnis der DW zum Existenzrecht Israels sowie eine klare Haltung gegen Antisemitismus“. Das gelte auch für „private Profile in den Sozialen Medien“.
„Zwingend Gespräche führen“
Was aber folgt daraus? „Wir spionieren unsere Mitarbeiter selbstverständlich nicht aus“, sagte DW-Sprecher Christoph Jumpelt der F.A.Z. „Wie auch andere Unternehmen überprüfen wir nicht ohne Anlass, was unsere Mitarbeiter auf ihren privaten Accounts veröffentlichen. Das stünde unter anderem auch im Widerspruch zur Meinungsfreiheit.“
Natürlich aber gebe es Dinge, die nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Man erwarte von den Mitarbeitern, dass sie sich auch in den sozialen Medien an den Werten und Prinzipien der Deutsche Welle orientierten. „Aus der Chefredaktion gibt es verbindliche Guidelines zum Umgang mit den sozialen Medien.“ Käme es zu einem Fall, in dem ein Mitarbeiter sich in den sozialen Medien auf eine Weise äußere, die nicht mit diesen Werten im Einklang stünde, würde man mit ihm „zwingend Gespräche führen“ und gegebenenfalls entsprechende Konsequenzen ziehen.
Auch bei der Deutschen Welle sei es in Bewerbungsprozessen üblich zu überprüfen, was Bewerber in den sozialen Medien und anderswo posten. Mitarbeiter stelle man darüber hinaus in erster Linie wegen ihrer Qualifikation und redaktionellen Arbeit ein. Sei eine Position zu besetzen, gäbe es dafür ein geregeltes Verfahren.
Bewerbungsgespräche finden laut Jumpelt stets mit dem zuständigen Redaktionsleiter statt, auch die Chefredaktion sei eingebunden. Auslandskorrespondenten werden teils aus Deutschland entsandt, teils aber auch vor Ort rekrutiert: „Wenn wir in Neu-Delhi eine Stelle zu besetzen haben, begrüßen wir Bewerbungen aus Indien. Die Deutsche Welle verstärkt die Regionalisierung mit mehr Auslandsstandorten, da ist die Expertise von Journalisten vor Ort unentbehrlich.“