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Krimi-Zweiteiler bei Sky : Am Kap der Guten Hoffnung herrscht Verzweiflung

  • -Aktualisiert am

Die Ermittler Mat Joubert (Trond Espen Seim, links) und Sanctus Snook (Boris Kodjoe) sind sich erst einmal nicht besonders grün. Bild: 13th Street

Die Produzentin Annette Reeker hat im Alleingang den Krimi „Cape Town“ entwickelt. In ihrem eindringlichen Thriller kontrastiert die Schönheit der Stadt mit einer Geschichte von Gier, Machtmissbrauch und Ressentiments.

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          Ein Dreamteam sind sie nicht gerade, wie sie da zusammen in einem roten Sportwagen sitzen und sich anstänkern: „Ich rauche, und ich hasse Klimaanlagen“, faucht der Kapstädter Kriminalermittler Mat Joubert (Trond Espen Seim) seinen Kollegen Sanctus Snook (Boris Kodjoe) an. Joubert raucht Kette. Er ist ein Misanthrop, hat gerade seine Frau verloren und erträgt nicht, dass ihm mit Snook ein geschniegelter Elitepolizist zugewiesen wurde. Aber Jouberts alter Jetta hat soeben den Geist aufgegeben, so wird Snooks Angeberkarre zum Dienstwagen.

          Joubert und Snook sind die Hauptfiguren in dem Sechsteiler „Cape Town“, den die Produzentin Annette Reeker mit ihrer Firma All In Productions im Alleingang auf die Beine gestellt hat. Es ist ein eindringlich inszenierter Thriller, der Kapital aus seinem Drehort schlägt. Die Schönheit der Stadt am Kap kontrastiert mit einer Geschichte von Gier, Machtmissbrauch und Ressentiments um einen Polizisten, der von Wut und Selbstvorwürfen zerfressen ist.

          Fernsehtrailer : „Cape Town“

          Die hiesigen Sender, denen Annette Reeker ihr Projekt vorstellte, wollten an den Stoff nicht so recht heran. Ein in Kapstadt angesiedelter und dort auf Englisch gedrehter Sechsteiler? Also entwickelte die Produzentin den Stoff nach dem Roman „Der traurige Polizist“ von dem südafrikanischen Krimiautor Deon Meyer selbst. Sie schrieb mit dem Engländer Mark Needham die Drehbücher, stellte eine internationale Besetzung (darunter Axel Milberg, Trond Espen Seim und Arnold Vosloo) zusammen und fand Investoren. Bisher ist die Serie, die pro Folge rund eine Million Euro gekostet hat, nach Deutschland, Polen, Frankreich, Israel und Südafrika verkauft worden.

          Das Opfer mit der Einstein-Maske

          Die Entstehungsgeschichte von „Cape Town“ ist ungewöhnlich für das deutsche Fernsehen, wo Filme und Serien normalerweise im Auftrag eines Senders und mit Fördergeldern entstehen. Aber der Markt ist im Wandel begriffen. Streaming-Dienste wie Netflix und Amazon tragen zu einem differenzierten Angebot bei, das vom traditionellen Programm, von Spartenkanälen und Mediatheken bis zum Abo-Dienst reicht. Dennoch sei es für unabhängige Produzenten recht eng, sagt Annette Reeker, die unter dem Pseudonym Anna Tebbe für das ZDF Krimis von Nele Neuhaus umsetzt: Der deutsche Markt sei dominant in Europa, „aber wir werden keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Streaming-Plattformen haben, wenn wir nicht senderunabhängig produzieren.“

          Das allerdings ist ein Wagnis, und so ging die Produzentin sehr strukturiert vor. Sie fügte dem Handlungsgerüst von Meyer Figuren und Erzählstränge hinzu, darunter Sanctus Snook („ein Hingucker“, so Reeker) und die Story von einer Handvoll junger Frauen, die mit dem falschen Versprechen einer Model-Karriere nach Kapstadt gelockt werden. Die nichtsüdafrikanischen Charaktere haben besondere Emigranten-Lebensläufe, um die Geschichte „auch für ein deutsches und europäisches Publikum interessant“ zu machen. Das wird sonst gern einfach mit einem internationalen Ermittlerteam gelöst.

          Joubert und Snook ermitteln in zwei Mordserien. Die Polizei findet mehrere Leichen von jungen Osteuropäerinnen, dann wird eine Reihe weißer Männer ermordet - einflussreiche Kapstädter, erschossen mit einer alten, deutschen Waffe. Der Täter zieht seinen Opfern Masken über, sie tragen das Antlitz von Albert Einstein oder Humphrey Bogart.

          Ein gelungener, komplexer Thriller

          Joubert steht ohnedies unter Druck. Sollte er nicht ein rigoroses Fitnessprogramm und eine Psychotherapie absolvieren, will ihn sein neuer Chef Bart de Wit (Jody Abrahams) vom Dienst zu suspendieren. Und de Wit hat Snook auf Joubert angesetzt, weil er vermutet, dass Joubert in den Mord an seiner Frau verwickelt ist - dank einer Sauftour hat der nämlich keine Erinnerung an den fraglichen Abend.

          Wenn auch Trond Espen Seim die Misslaunigkeit von Joubert bisweilen dick aufträgt und Kodjoes Snook manchmal allzu profillos wirkt, ist „Cape Town“ ein gelungener, komplexer Thriller. Premiere feiert er an diesem Montag auf dem Abo-Kanal „13th Street“ (dessen Mutterkonzern NBC Universal hält die Rechte fürs deutsche Pay-TV und für Frankreich). Hier wird der Sechsteiler in zwei Brocken von jeweils fast zweieinhalb Stunden als „Event“ serviert.

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