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„Global Game Jam 2017“ : Der Schwarm will nicht nur spielen

Nicht zu übersehen: Das Thema des „Global Game Jams 2017“ heißt „Waves“, Wellen. Bild: Felix Kalka / HfG Karlsruhe

In Gruppenarbeiten produzieren Menschen oft nur sich selbst. Beim „Global-Game-Jam“ zeigt sich, was motivierte Entwickler gemeinsam in 48 Stunden schaffen.

          3 Min.

          Aller Erfahrung nach enden Gruppenarbeiten, die über das Ausschneiden von Weihnachtsschmuck aus Bastelpappe hinausgehen, fast immer in Chaos. Doch in einem mit hohen Stellwänden abgegrenzten Raum in den Lichthöfen der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe haben sich mehr als dreißig Menschen zum „Global Game Jam“ versammelt, um in 48 Stunden brauchbare Miniaturspiele zu einem bestimmten Thema auszutüfteln - in Gruppenarbeit. Karlsruhe ist an diesem Wochenende eine „Jam-Site“, weltweit sind es etwa 630, mit über 30.000 Teilnehmern in 93 Ländern: Der Schwarm, er will puzzeln.

          Axel Weidemann
          Redakteur im Feuilleton.

          Die Veranstaltung hat selbst etwas von einem Computerspiel: „Lemmings“ (1991). Dort musste der Spieler Winzlinge mit grünen Haaren und blauen Roben in einer bestimmten Zeit von A nach B bringen. Die Hindernisse konnte nur bezwingen, wer die Spezialfähigkeiten der Kerlchen geschickt kombinierte und zum richtigen Zeitpunkt einsetzte. Grüne Haare, blaue Roben? In Karlsruhe Fehlanzeige. Dafür Männer mit Dutt, Frauen mit Dreads und eine höhere Dichte an ausgefalleneren Brillengestellen und Beanies. Spezialfähigkeiten bringen sie alle mit: Neben Informatikern haben sich Graphikdesigner und Soundtüftler eingefunden. Das Gewusel ist ähnlich groß wie bei „Lemmings“, als die weltweit übertragene Keynote beendet und das Thema vorgestellt ist. Es heißt „Wellen“. Nicht sehr politisch, das Ganze. Aber es ist ja auch ohne Politik schon kompliziert genug.

          Mini-Demokratien, die auf gelingendem Datenaustausch beruhen

          17 Uhr, Startschuss: Während einer ersten Ideen- und Teamfindungsphase überlastet die Kapselkaffeemaschine, die Plastikbecher gehen aus und der Sandwich-Toaster glüht. Dialoge, wie sie auch die moderne Arbeitswelt kennt und liebt: „Wie sollen wir das umsetzen?“ - „Das ist doch alles nur Brainstorming.“ In kleinen unaufgeregten Runden werden Ideen aufgenommen, besprochen und abgelehnt. Stefan will seine Spielwelt ins Innere einer Microwelle verlagern. Das Team von Zolana will einen Tsunami heraufbeschwören und Christoph und Kollegen wollen Partikel mit Wellen-Emittern durch dunkle Räume lotsen. In manchen Gruppen funktioniert der Datenaustausch wunderbar, in anderen ist die Verbindung noch etwas gestört.

          In „flown“ muss ein leuchtender Orb durch geschicktes setzen von Wellen-Emittern durch einen dunklen Raum navigiert werden.
          In „flown“ muss ein leuchtender Orb durch geschicktes setzen von Wellen-Emittern durch einen dunklen Raum navigiert werden. : Bild: HfG Karlsruhe

          Gegen 17.30 Uhr gibt es sechzehn Ideen zu präsentieren. Darunter die genannten, plus die Idee zu einem Lügendetektorspiel, einem Farblabyrinth, einer 2D-Baywatch-Animation - oder auch solche, die den Arbeitstitel „Waves of Pain“ tragen und laut ihrem Urheber eine Mischung aus „Lynch-Pubertärer-Teenage-Angst“ und „Post-Drone, düsterer Scheiß“ sind.

          In „Waves Of Pain“ muss man Wellen messerscharf gezeichneter Teenage-Ängste überstehen.
          In „Waves Of Pain“ muss man Wellen messerscharf gezeichneter Teenage-Ängste überstehen. : Bild: HfG Karlsruhe

          Das Team um den Studenten Felix Kalka, der die „Jam-Site“ in Karlsruhe zusammen mit seiner Dozentin Greta Hoffmann vom GameLab der Hochschule für Gestaltung organisiert, will eine begehbare Traumwelt schaffen, die optisch von Gustav Klimt inspiriert ist. Danach wieder kreatives Durcheinander. Ein Reigen von Ideen und auch Egos, die ihre Ideen nicht aufgeben wollen. Allianzen, ganze Imperien entstehen und zerbröseln im Zehn-Minuten-Takt. Unterdessen fließt der Kapselkaffee wieder, Mandarinenschalen türmen sich auf den Arbeitstischen und es wird gezeichnet und geplant, während andere schon mal schweres Gerät in Form von mattschwarzen Rechnertürmen auffahren. Zwischen zwei und drei Uhr nachts hat sich der kreative Exzess verströmt. Konzepte und Vorgehensweise werden nochmal überschlafen. Viele tun das zu Hause, andere gleich vor Ort auf dem Boden.

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