„Gefährliches Angebot“ im ZDF : Ein Angebot, das sie nicht ablehnen kann
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Ina Roth (Petra Schmidt-Schaller) mimt Schaf im Wolfspelz. Bild: ZDF und Daniela Incoronato
Das ZDF schickt eine Polizistin als Datenspionin durch einen Thriller und landet beim Wolf und den sieben Geißlein. Dabei verdiente die Geschichte hinter der Geschichte durchaus eine fiktionale Aufarbeitung.
Stumm sitzt eine junge Frau im Abendkleid in einem finsteren Keller. Ein Lichtkegel beleuchtet ihre zarten Züge. Während ein Mann, der erst gegen Ende des Films entlarvt wird, ihr eine verdrehte Version des Märchens vom Wolf und den sieben Geißlein erzählt, legt er von hinten seine Hände auf ihre nackten Schultern. Entscheiden soll sie sich, ob sie lieber Geißlein oder Wolf sein will. Die Szene könnte bedrohlich wirken. Schließlich scheint die Frau gefangen zu sein, ein anzugtragender Aufpasser steht im Hintergrund – wer weiß, was der Peiniger noch mit ihr zu tun gedenkt.
Von Bedrohlichkeit aber keine Spur. Am Ende des Films wird die Szene mit veränderter Perspektive noch einmal gezeigt. Nun ist zu sehen, wie der Zeigefinger des Mannes besitzergreifend ihr Schlüsselbein berührt. Doch zu diesem Zeitpunkt ist der Spannungsaufbau längst an das Desinteresse verschenkt. Ina Roth guckt stoisch vor sich hin. Zudem ist die Geschichte vom Wolf – der für skrupellose Manager steht – einfach zu schlicht gestrickt und wirkt die Bösewichtanmutung gewollt.
„Cerberus“ bietet die Stelle des Lebens
Petra Schmidt-Schaller spielt Ina Roth, eine junge Polizistin mit Ambitionen, die gerade die Prüfung für den höheren Polizeidienst absolviert hat. Ohne Abi, klagt sie ihrem Freund und Kollegen Martin Stutz (Fabian Busch), könne man bei der Polizei ohnehin nichts werden.
Fernsehtrailer : „Ein gefährliches Angebot"
Beim Joggen ruft ihr Exkollege Theissen (Armin Rohde) an. Er biete genau die Chance, auf die sie warte. Seine Sicherheitsfirma Cerberus – wie der Höllenhund in der griechischen Mythologie – habe sich auf das Makeln mit Daten und Informationen spezialisiert. Das Geschäft laufe blendend. Man arbeite nur mit den größten Kunden, wie der Firma Ecotecs, die erneuerbare Energien zu Geld macht. Er biete ihr die Stellung ihres Lebens, sagt Theissen. Im Übrigen sei sie durch die Prüfung gerasselt.
Das Clarissa Konzept im Manageranzug
Als Thriller ist der Fernsehfilm „Ein gefährliches Angebot“ von Sven Poser (Buch) und Hannu Salonen (Regie) etikettiert. Das setzt ein Mindestmaß an Unvorhersehbarkeit und gefährlichen Wendungen voraus. Hier aber ahnt man gleich, wohin die Reise geht. Das Handlungsmuster ist im Prinzip seit 1748 bekannt, als in England der empfindsame Briefroman „Clarissa“ von Samuel Richardson erschien.
Zahllose Nachahmungen und Parodien folgten, auch in Deutschland. Die verfolgte Unschuld Clarissa wird da von dem Libertin und Verführer Lovelace durchs Land gejagt. Der Triumph der Tugend über die Verderbtheit ist die Pointe des Buchs. „Ein gefährliches Angebot“ wirkt, als habe man das Clarissa-Konzept in eine Version, in der das gehobene Management eines Erfolgsunternehmens die Lovelace-Rolle übernimmt, übertragen.
Dabei verdiente die Geschichte hinter der Geschichte – Inspirationen für das Drehbuch lieferten die Skandale bei der HSH Nordbank – durchaus eine fiktionale Aufarbeitung. Im Fernsehfilm geht es um den Ecotecs-Vorstand Michael Dithardt (Christian Berkel) und seinen Gegenspieler Ronald Klostermeier (Anian Zollner). Erst verwanzt und überwacht Cerberus seine Privaträume, dann wird ein fiktiver Zugang zu Kinderpornoseiten geschaffen. Informationsbeschaffer Torsten Gütschow (André Hennicke) leitet die Operation.
Einzelverbindungsnachweise, Kreditkartenabrechnungen, Ina Roth erhält Datensätze sonder Zahl, um den Mann in den Dreck zu ziehen. Ihre einmalige Chance ist, wie sollte es anders sein, die Chance für eine einmalige kriminelle Karriere. Das Ganze aber ist so schludrig erzählt und auf Effekt gebürstet, dass weder die unterforderten Darsteller noch die Kameraarbeit von Wolf Siegelmann viel retten.