Meinungs- und Pressefreiheit : „Darmstädter Echo“ gewinnt vor dem Bundesverfassungsgericht
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Das Bundesverfassungsgericht, aufgenommen am 20. Dezember des vergangenen Jahres. Bild: dpa
Das Bundesverfassungsgericht hat die Meinungs- und Pressefreiheit gestärkt und klargestellt: Auch an die Wiedergabe fremder Meinungen dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem am Freitag veröffentlichten Beschluss die Meinungs- und Pressefreiheit gestärkt. Die Richter stellen darin klar, dass nicht nur die eigene Meinungsäußerung weitreichenden Schutz genießt. Auch an die journalistische Wiedergabe fremder Meinungen dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (1 BvR 523/21.
Konkret ging es um einen Artikel, der vor mehr als zwei Jahren in der Onlineausgabe des „Darmstädter Echos“ erschien. Unter der Überschrift „Aussteiger packen aus: So geht es in der Guru-Gemeinschaft zu“ wurden die Verhältnisse einer sektenähnlichen Gemeinschaft geschildert. Als deren „Guru“ galt der Psychologe Andreas Hortmann. Eine Aussteigerin kam in dem Artikel mit der Äußerung zu Wort, den Staat lehne Hortmann ab, woraufhin dieser bis vor das Oberlandesgericht Frankfurt zog. Die Richter dort vermissten einen „Mindestbestand an tatsächlichen Anknüpfungstatsachen“ und verboten die Verbreitung der Äußerung.
Anders sah es das Bundesverfassungsgericht, das die Beschwerde des „Darmstädter Echos“ als „offensichtlich begründet“ bewertete. In ihrem Beschluss rufen die Verfassungsrichter in Erinnerung, dass auch die Wiedergabe fremder Einschätzungen von der Meinungsfreiheit geschützt ist. Und auch hier gilt, dass Meinungen grundsätzlich nicht begründet werden müssen. Grundrechtsschutz bestehe „unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird.“
Stehen sich Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrechte gegenüber, wird es komplizierter – erst recht, wenn es um fremde Auffassungen geht. Unter Verweis auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte stellen die Verfassungsrichter klar, dass es durchaus einen Unterschied macht, ob es sich „um eine auf Tatsachen fußende Schlussfolgerung handelt oder um eine willkürlich aus der Luft gegriffene Wertung“. Letzteres war aus Karlsruher Sicht fernliegend. Dem Artikel habe man genügend Informationen zum Hintergrund der Meinung entnehmen können. Das Frankfurter Oberlandesgericht selbst habe die Wahrheit der „Anknüpfungstatsachen“ nicht in Zweifel gezogen, ihnen aber keine angemessene Bedeutung gegeben.