Dänische Fernsehserie : Die erste Frau im Staate Dänemark
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Das hat es im Wechselspiel von Politik und Fernsehen so noch nie gegeben: Seit eineinhalb Jahren richtet sich in Dänemark das Drehbuch der laufenden öffentlichen Ereignisse am Massenmedium aus - und nicht an den Vorgaben der Regierungsmacht. Ende September 2010 sendete Danmarks Radio (DR), die öffentlich-rechtliche Anstalt des Landes, die erste Folge der neuen Serie „Borgen“, deren Titel sich dem Spitz- und Kosenamen der Dänen für den Sitz ihrer Regierung in Schloss Christiansborg verdankt.
Von allem Anfang an waren die Quoten enorm: Jeweils bis zu zwei Millionen Zuschauer schalteten die zehn Folgen der ersten Staffel ein, das entspricht nahezu vierzig Prozent der gesamten Bevölkerung. Inzwischen wurde bereits die zweite Staffel ausgestrahlt, die dritte, für den kommenden Herbst annonciert, wird gerade gedreht und geschnitten. Das Zuschauerinteresse hat nie nachgelassen.
Im Mittelpunkt aller Folgen steht die Politikerin Birgitte Nyborg, gespielt von Sidse Babett Knudsen. Gleich in der ersten Seriensekunde ist sie groß im Bild: Sie sitzt im Schminkraum des Fernsehsenders TV1, wird noch einmal abgepudert und wartet dann auf ihren Auftritt in einer der letzten Sendungen vor der unmittelbar bevorstehenden Parlamentswahl. Frau Nyborg ist Vorsitzende der „Partei der Moderaten“, alle Umfragen bescheinigen ihr und ihrer bürgerlichen Mitte-links-Gruppierung bestenfalls einen Achtungserfolg. In das Studiogespräch, das die junge Moderatorin Katrine Fønsmark (Birgitte Hjort Sørensen) mit ihr führt, wird live ein Straßen-Interview mit dem sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Laugesen (Peter Mygind) eingespielt, in dem sich dieser - seine Stammklientel droht von der Fahne zu gehen - plötzlich für die spürbare Verschärfung der dänischen Asylgesetze ausspricht. Bewusst bricht der Populist Laugesen damit auch das Abkommen mit Nyborgs Moderaten, das für den Fall eines Wahlsiegs des linken Spektrums bisher das schiere Gegenteil versprochen hatte.
Von fiktiven Vorbildern
Zum Entsetzen von Kasper Juul (Pilou Asbæk), ihrem ohnmächtig in den Kulissen gestikulierenden Medienberater, Spin Doctor und Pressesprecher, kündigt Birgitte Nyborg daraufhin vor laufender Kamera das Bündnis mit Laugesen auf - um sich am Abend danach bei der abschließenden Elefantenrunde aller Parteivorsitzenden aufs Neue Juuls Regie zu entziehen und zudem über private Kümmernisse zu reden, hat sie in den Wahlkampfwochen doch fünf Kilo zugenommen. Über Nacht explodieren ihre Sympathiewerte, am Wahltag gewinnt ihre Partei als einzige fünfzehn Sitze hinzu, die (unsichtbar bleibende) Königin Margrethe II. beauftragt sie mit der Regierungsbildung - wenige Tage und viele Intrigen danach ist die fiktive Birgitte Nyborg als erste Frau in der Geschichte ihres Landes dann Premierministerin einer Koalitionsregierung. So geschehen und erstgesendet im dänischen Fernsehen am 3.Oktober 2010, ganz am Ende der zweiten Folge der ersten Staffel.