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Reform von ARD und ZDF : Unser Rundfunksystem braucht elementare Korrekturen

  • -Aktualisiert am

Reform von ARD und ZDF: auf Struktur und Auftrag kommt es an. Bild: dpa

Die Bundesländer haben allen Grund, den Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen neu zu bestimmen. Doch sie müssen viel, viel mehr tun. Ein Gastbeitrag.

          5 Min.

          Eine grundsätzliche Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht auf der Agenda der Medienpolitik. Sie ist lange überfällig, die Diskussionen über Verfehlungen in ARD-Anstalten dürften den Entscheidungsdruck verstärkt haben. Nach mehr als sechs Jahren Auftragsdebatte ist mit dem 3. Medienänderungsstaatsvertrag ein Einstieg, aber kein Befreiungsschlag gelungen. Die Länder fordern, dass sich die Anstalten selbst beschränken, und haben einen Zukunftsrat eingesetzt, der sie zur Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen beraten soll. Zugleich läuft die Prüfung des Finanzbedarfs der Sender durch die Gebührenkommission KEF.

          ARD und ZDF stehen im Mittelpunkt

          Bei alldem stehen ARD und ZDF im Mittelpunkt. Die Diskussion über eine Rundfunkreform muss jedoch mit einer breiteren Perspektive geführt werden: Die privaten Medienanbieter in Deutschland und die öffentlich-rechtlichen Sender sind wie kommunizierende Röhren miteinander verbunden. Jede Veränderung bei den beitragsfinanzierten Angeboten hat unmittelbare Auswirkungen auf die privatwirtschaftliche Seite. Deshalb geht es nicht nur um die Zukunft von ARD, ZDF und Deutschlandradio – es geht vielmehr um einen Neustart im dualen System, der ganzheitlich betrachtet und wohlüberlegt sein sollte. Das Ergebnis müssen zwei starke Säulen mit klareren „Rollen“ sowie eine Begrenzung der kommerziellen Aktivitäten der Öffentlich-Rechtlichen sein. Hier hat die Medienpolitik einen verfassungsrechtlichen Gestaltungsauftrag für ein faires duales Mediensystem.

          Der Autor des Gastbeitrags ist Claus Grewenig, Vaunet-Vorstandsvorsitzender.
          Der Autor des Gastbeitrags ist Claus Grewenig, Vaunet-Vorstandsvorsitzender. : Bild: dpa

          Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfügt gerade in Zeiten wirtschaftlicher Krisen mit seiner garantierten stabilen Finanzierung über einen enormen Wettbewerbsvorteil: Seine weitgehende Entkopplung von ökonomischen Entwicklungen verschiebt automatisch den Druck auf die privaten Medien. Denn diese müssen unmittelbar Gegenmaßnahmen ergreifen, strukturelle Einsparungen realisieren, Content-Budgets und Investitionen überprüfen. Dieses Ungleichgewicht muss bei allen Entscheidungen zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, aber genauso bei allen gesetzlichen Maßnahmen, die die privaten Medien berühren, im Blick behalten werden. Der Vorstoß des Ernährungsministers zu einem Werbeverbot für Lebensmittel zeigt eindringlich, wie schnell weitere Verschiebungen drohen. Für private Medien stehen verheerende Konsequenzen im Raum, wenn ohne Evidenz unverhältnismäßig und inkonsistent weitreichende Einschnitte in ihre Finanzierungsgrundlagen erfolgen, während der beitragsfinanzierte Rundfunk nicht auf Werbeeinnahmen angewiesen ist.

          Es gibt keinen fairen Wettbewerb

          Die Bilanz des 3. Medienänderungsstaatsvertrags ist hinsichtlich der Gestaltung eines fairen Wettbewerbs ernüchternd. Er bringt keine wesentlichen Einschnitte in den Auftragsumfang der Anstalten, ganz im Gegenteil: Die Flexibilisierung des Auftrags kann dazu führen, dass sich die Grenzen für Angebote eher an den verfügbaren Finanzen als an klaren inhaltlichen Vorgaben orientieren. Tatsächlich sollte umgekehrt die Finanzierung dem Auftrag folgen. Eventuell sehen wir am Ende eine im Wettbewerb kaum relevante Reduktion weniger linearer TV- oder Spartenradiokanäle. In der Programmrealität beobachten wir jedoch, dass frühere Mengengrenzen etwa zur Programmzahl oder zeitlichen Limitierungen diffundieren. Diesen Entwicklungen setzt der Staatsvertrag nichts entgegen.

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