Tea Time in Großbritannien : Ausflug mit Scone
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Sarah Walker beim Cream Tea. Bild: dpa
Eine Britin hat zehn Jahre lang einen Blog über Scones geführt. Und damit eine schon lang geführte Diskussion neu angeheizt.
Es gibt ein paar ungeschriebene Gesetze, an die man sich, will man sich das Leben ein bisschen leichter, schöner machen, halten sollte. Eines davon lautet: kein Ausflug ohne Einkehrstation. Über anderes lässt sich streiten, etwa darüber, was man nach einer langen Wanderung oder einem anspruchsvollen Museumsbesuch zu sich nimmt. Für die Britin Sarah Merker war die Antwort immer klar: einen Scone. Zehn Jahre lang besuchte sie, anfangs mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann, die Stätten des National Trust, der britischen Natur- und Denkmalschutzorganisation. Über jeden Besuch, über jeden Scone schrieb sie in ihrem Blog „National Trust Scones“.
Vor einigen Tagen ist der letzte Eintrag erschienen. Merker hat nun alle 244 Cafés des National Trust besucht und dabei eine noch größere Zahl Scones verdrückt. Was als privates Projekt begann, hat unerwartete Ausmaße angenommen. Merker hat ein Buch veröffentlicht, war zu Gast im Fernsehen und wurde in der „New York Times“ porträtiert.
Devon gegen Cornwall
Der Cream Tea, ein Nachmittagsimbiss mit Tee, Scones, Marmelade und clotted cream, einer Art Rahm, zu dem sie sich bei ihren Ausflügen niederließ, hat in Großbritannien nationalkulturelle Bedeutung. Und Merker ist zu einer Expertin, ja Autorität in einer der meistdiskutierten Fragen im britischen Königreich geworden: Cream unten, Marmelade oben – oder umgekehrt? Die erste Variante kommt aus Devon, wo man sich rühmt, den Cream Tea erfunden zu haben. Die zweite aus Cornwall, wo sich eine größere, verbissene Lobby gebildet hat (harsche Onlinekommentare zu Fotos, auf denen ein Scone erst mit Cream und dann mit Marmelade bestrichen wurde, sind keine Seltenheit).
Beide Seiten haben ihre Argumente: Milchprodukte unter Belag, heißt es aus Devon, das ist ein lang erprobtes, erfolgreiches Rezept, man denke nur an die Butter. Ein Scone sollte warm sein, heißt es hingegen in Cornwall, und trage man die Cream zuerst auf, schmilze sie. So soll es nicht sein. Vor einigen Jahren schritt die Queen ein. Sie bevorzugte, wie offenbar die meisten, die Variante aus Cornwall.
Scone oder Scon?
Merker ist diplomatisch: Hauptsache, der Scone sei frisch, dann könne ihn nichts ruinieren, sagte sie im ITV-Frühstücksfernsehen. Auch bei der Aussprache ist sie keine Hardlinerin. Selbst wenn man sich nämlich über Jam oder Cream geeinigt hat, gibt es Diskussionsstoff: Heißt es „scone“, wie in „bone“, oder „scon“, wie in „gone“?
So oder so gilt: kein Ausflug ohne Gebäck. Für die letzte Station ihres Blogs wählte Sarah Merker Giant’s Causeway in Nordirland, die mächtige, 60 Millionen Jahre alte Formation von mehr als 40.000 Basaltsäulen. Dort war sie vor ihrem Projekt schon einmal mit ihrem Mann gewesen und konnte sicher sein, nicht enttäuscht zu werden. Weder von den Scones, mit Jam und Cream, noch von der Naturstätte selbst. Denn, schreibt sie in ihrem letzten Eintrag, es sei die einzige des National Trust, die so aussehe, als sei sie aus Scones gemacht.