
Urheberrecht und Uploadfilter : Große Hehler
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Der Protest gegen Artikel 13 ist groß - so wie hier in Berlin. Bild: dpa
Die Urheberrechtsreform schadet nicht den großen Playern, sondern nur den kleinen, behauptet ein Ökonom. Dabei lässt er ein paar sehr wichtige Punkte außer Acht.
Wissenschaft lässt uns die Welt mit fremden Augen sehen. Was vertraut wirkt, macht sie uns unvertraut, was kompakt scheint, löst sie auf, zu den Vorderbühnen zeigt sie uns die Hinterbühnen, und oft weist sie nach, dass es in Wahrheit anders ist, als wir auf Anhieb dachten. Der Direktor des Kölner Instituts für Wirtschaftspolitik hat dafür jetzt ein Exempel geliefert. Die geplante Urheberrechtsreform der Europäischen Union, zu der er sich geäußert hat, versucht auf den ersten Blick, für das Internet durchzusetzen, was auch außerhalb des Internets gilt. Wer etwas geschaffen hat – Musik, Bilder, Texte – muss von anderen gefragt werden, wenn sie es verbreiten wollen, und soll am Nutzen, den sie davon haben – Werbeeinnahmen, Datengewinnung –, beteiligt werden.
„Dr. Steffen J. Roth“, so die Pressemitteilung der Universität zu Köln, „sieht das kritisch.“ Denn die Internetplattformen (Google, Facebook und so weiter), die alles Mögliche verbreiten, müssten es sich dann ja vorher anschauen; daraufhin etwa, ob es sich um legale Mitteilungen handelt. Das können die Plattformen aber nicht, weil sie so ungeheuer viel verbreiten. Tja, möchte man sagen, der Rechtsstaat hat Vorfahrt vor dem Geschäftemachen, dann entfällt eben die Möglichkeit zum Verbreiten von unbesehen allem, wenn es nicht rechtmäßig erfolgen kann. Nein, sagen die Plattformen, es geht doch, denn wir setzen Techniken ein, die das Illegale abfiltern. Und jetzt kommt der Ökonom: Solche Filter, sagt er, sind nicht nur fehleranfällig, also ständig verbesserungsbedürftig, sondern auch teuer. Und darum würden durch eine Pflicht zur Filterung die „ganz großen Player“ weiter gestärkt. Weil nur sie sich die Filter leisten können. Die kleinen Plattformanbieter hingegen würden verschwinden. Mithin sei das Urheberrecht wettbewerbsfeindlich. Es käme denen zugute, die ohnehin schon Marktmacht haben.
Dass es die ganz kleinen Player, nämlich die Autoren stärkt, sagt der Ökonom nicht. Dass es diejenigen stärkt, die rechtmäßig nur anbieten, was ihnen auch gehört, und alle Hehler geistigen Eigentums schwächt, hat er ebenfalls aus seinem Argument herausgefiltert. Vor allem aber kommt eines in diesem Argument nicht vor: dass sich derzeit am heftigsten die ganz, ganz Großen, Google et tutti quanti, gegen das Urheberrecht wehren, dass sie Armeen von Lobbyisten, angeblichen NGOs und nützlichen Idioten samt Desinformationskampagnen einsetzen, um der Menschheit weiszumachen, das Internet breche demnächst zusammen, wenn das Urheberrecht auch in ihm durchgesetzt würde. Wieso, Ökonom, tun sie das denn, wenn sie doch, dir zufolge, die eigentlichen Gewinner der Filterpflicht wären? „Google nur scheinbar gegen, in Wahrheit aber für ein schärferes Urheberrecht“ – soll das die unwahrscheinliche Erkenntnis wettbewerbsökonomischen Nachdenkens sein? Google und Facebook handeln gegen ihre eigenen Interessen? Finde den Fehler.