Kunst und die Kunst, wie man Kunst vermarktet
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Alicja Kwade und ihre Kunst in der Wüste. Bild: © Lupa Film/Maya Craig
Was ist Kunst, wer macht sie, was kostet sie und wer kauft sie? Bei Arte stellen Felix von Boehm und Silke Hohmann Fragen zum Kunstbetrieb und dem Milliardenbusiness dahinter. Ihre Doku ist aufschlussreich.
Romantiker seien gewarnt: Wer von der Welt der Kunst träumt als Refugium verkannter Genies, die ihre Visionen von der Ignoranz der Zeitgenossen unberührt Werk werden lassen, sollte lieber einen Bildband über Van Gogh durchblättern, als die Dokumentation „Ist das Kunst?“ auf Arte anzuschauen. In viermal einer halben Stunde laden der Filmemacher Felix von Boehm und die Kunstkritikerin Silke Hohmann vom „Monopol“-Magazin zur Tour de Force durch den Kunstbetrieb und das Multimilliardengeschäft des globalen Kunsthandels ein. An dessen Epizentrum, der weltweit größten Kunstmesse Art Basel am Heimatstandort, beginnt die Erkundung entlang scheinbar simpler Fragen: Wer macht die Kunst? Was kostet sie? Wer kauft sie? Und was macht Kunst überhaupt aus?
Als Protagonisten treten Stars wie die deutsch-polnische Bildhauerin Alicja Kwade, die in Gießen geborene Performance-Künstlerin Anne Imhof und der ghanaische Maler Amoako Boafa auf. Jung, weiblich, postkolonial: Die Auswahl auf der Höhe der Zeit repräsentiert verschiedene Kunstgattungen, Temperamente und Karrierewege mit eigenen Herausforderungen. Das schafft vielfältige Einsichten.
Boafa, dem wir bei der Entstehung seiner mit den Fingern gemalten Porträts schwarzer Menschen über die Schulter schauen, verdankt Instagram seinen Durchbruch, als der Ruf nach nichtweißen Künstlern immer lauter wurde. So hoch gehandelt sind Werke von ihm auf dem Auktionsmarkt, dass er und seine Galeristin der Spekulationswut gerne Grenzen setzten. Alicja Kwade wird als Kunstunternehmerin bei der Umsetzung eines Monumentalprojekts vorgestellt, das in Berlin von ihrem vielköpfigen Team produziert und in der kalifornischen Wüste präsentiert wird: ohne Kapital im Rücken unmöglich. Anne Imhof, die Gewinnerin des Goldenen Löwen der Venedig-Biennale 2017, denkt laut über die Grenzen der Kunst nach. Sie hält eine regelrechte Company am Laufen, schöpferisch wie finanziell.
Sammler kommen ins Spiel wie Karen und Christian Boros, Galeristen wie Johann König, Auktionshäuser wie Christie’s, für das dessen Präsident Dirk Boll spricht, Kunstkritik und Museen. Die Elemente einer gut geölten Maschinerie werden sichtbar, in der Angebot und Nachfrage einander bedingen, die Produktion und die Preise treiben und Moden schaffen. Vieles wird nur eilig gestreift – die Schau „Diversity United“ in der umstrittenen Kunsthalle Berlin etwa bleibt neutrale Folie. Ist der Kunstmarkt ein Business wie alle anderen? Nein, das macht den Reiz auch dieser von Berlin aus in die Welt schauenden Dokumentation aus. Gehandelt wird letztlich Ideelles, in dem Sammlerinnen wie Manuela Alexejew-Brandl Selbstausdruck suchen und die Künstlerin Alicja Kwade, die am Schluss allein mit ihrem Werk in der Wüste steht, etwas wie Ewigkeit erahnt. Die Maschinerie rotiert, in ihrem Zentrum aber ruht das Ungreifbare: die Kunst.
Ist das Kunst?, am Sonntag um 12.30 Uhr auf Arte und in der Mediathek