Anwälte mahnen Porno-Konsumenten ab : Geladen oder nicht?
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Nach Musik-Hörern haben es Anwälte jetzt auf Porno-Konsumenten abgesehen Bild: Screenshot F.A.Z.
Dubiose Post vom Anwalt: Eine Regensburger Kanzlei verschickt hunderte Abmahnungen. Ob Nutzer der Pornoseite „Redtube“ aber tatsächlich gegen das Urheberrecht verstoßen haben, ist fraglich.
Das Versprechen der reuelosen Erwachsenenunterhaltung steht auf der Internetseite „Redtube.com“ ganz oben. „Heimstatt der kostenlosen Pornovideos“ lautet der Untertitel des Filmportals. Mehrere tausend deutsche Internetnutzer dürften sich dieser Tage aber die Frage stellen, ob sie einer falschen Versprechung aufgesessen sind, als sie auf Redtube.com vermeintliche Gratisfilmchen angeschaut haben. Denn seit der vergangenen Woche verschickt die Regensburger Anwaltskanzlei Urmann und Collegen per Post Abmahnungen an Redtube-Nutzer in Deutschland. Sie sollen über die Pornoseite Urheberrechte verletzt haben, weil dort auch offensichtlich Filme gezeigt worden sind, deren Verwertungsrechte bei der Schweizer Gesellschaft The Archive AG liegen. Die vermeintlichen Urheberrechtsverletzer sollen eine Unterlassungserklärung unterschreiben und 250 Euro an The Archive überweisen.

Redakteur in der Wirtschaft.
Dass die Regensburger Kanzlei überhaupt herausfinden konnte, wer Filme mit Namen wie „Amanda’s Secrets“, oder „Miriam’s Adventures“ geschaut hat, hat sie einigen Beschlüssen des Landgerichts Köln zu verdanken. Dort waren in den vergangenen Monaten sechzehn verschiedene Zivilkammern mit rund neunzig Unterlassungsanträgen beschäftigt. Laut einer Mitteilung des Gerichts enthielten die Anträge jeweils zwischen 400 und 1000 einzelne IP-Adressen. „Während teilweise den Anträgen stattgegeben worden ist, wurde teilweise auch der Antrag zurückgewiesen“, heißt es. Wie viele Redtube-Nutzer tatsächlich Post bekommen haben, ist auch deshalb derzeit unklar.
Widerspruch einlegen
Dabei stellt sich die Frage, ob die Abgemahnten überhaupt Urheberrechte verletzt haben – und ob die Kölner Richter den Unterschied zwischen einem Download und Streaming kennen. Denn auf Redtube streamen Nutzer die Filme, das heißt, sie rufen sie in Echtzeit über das Internet ab. Bei einem Download wird der Film dagegen dauerhaft auf einer Festplatte gespeichert. Die Abmahnanwälte von Urmann und Kollegen argumentierten nun offensichtlich so geschickt, dass viele der Kölner Richter von einer Urheberrechtsverletzung ausgingen und den Anträgen stattgaben.
Für eine Stellungnahme war die Regensburger Kanzlei am Mittwoch telefonisch nicht zu erreichen. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte sie den Hinweis, dass wegen der Abmahnaktion die Telefonleitungen überlastet sein könnten. Der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke, der nach eigenen Angaben inzwischen rund 400 der Abgemahnten vertritt, argumentiert dagegen, dass es sich bei Redtube um ein Streaming-Portal handelt, die Nutzer dort also keine Filme herunterladen. Entscheidend sei, ob erkennbar war, dass die Filme rechtswidrig auf dem Portal verbreitet wurden. Er rät Angeschriebenen dringend dazu, die Unterlassungserklärung nicht zu unterschreiben, kein Geld zu überweisen und der Abmahnung zu widersprechen.
Inzwischen geht Solmecke davon aus, dass es sich beim Redtube-Fall um die bisher größte gleichzeitig vollzogene Abmahnwelle handelt. Das lockt Trittbrettfahrer an: Per E-Mail verschicken sie im Namen der Kanzlei gefälschte Abmahnungen – mit einer Schadsoftware im Anhang.