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Anneke Kim Sarnau : Mach doch Alter, da fällt mir was ein

  • -Aktualisiert am

Die Stirn bieten: Anneke Kim Sarnau verkörpert am liebsten Figuren, die aus der Norm gefallen sind. Bild: Mats Bergen

Neben Charly Hübner könnte man sie im „Polizeiruf“ glatt übersehen. Dabei spielt Anneke Kim Sarnau in Rostock die Frau, die den Laden zusammenhält. Begegnung mit einer, die aus dem Hintergrund schießt.

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          In vielerlei Hinsicht ist der „Polizeiruf“ aus Rostock, den das Erste an diesem Sonntag zeigt, mal wieder ganz typisch. Alles ist da: das Präsidium, das mit der geländerlosen Rampe im Hof auch eine schöne Kulisse für einen Getränkemarkt abgeben würde; die Schnelligkeit, mit der die Kollegen durch dieses Gebäude hetzen, in dem sie nur verweilen, um die Füße auf die Tische zu legen; auch die Aggressivität, mit der vor allem Kommissar Alexander Bukow seine Mannen antreibt - was einen, je länger man ihm dabei zusieht, immer mehr an den in den Achtzigern vom unvergessenen Klaus Wennemann verkörperten „Fahnder“ denken lässt, dessen Unrast sich im Nachhinein als so stilprägend für nahezu alle ruhelosen Kommissare erweist, die ihm im deutschen Fernsehen folgten.

          Lena Bopp
          Redakteurin im Feuilleton.

          Auch dass Katrin König, die von Anneke Kim Sarnau gespielte Kommissarin, in dieser von verwegenen Männern geprägten Szenerie erst auf den zweiten Blick ins Auge fällt, ist man schon gewohnt. In der neuen Folge „Familiensache“, für die Eoin Moore das Drehbuch schrieb und Regie führte, gilt das beinahe noch mehr als bisher. Hinter Bukow, der endlich (und als Letzter) vom Verhältnis seiner Frau mit dem Kollegen Thiesler (Josef Heynert) erfährt, aber auch neben dem amoklaufenden Vater Arne Kreuz, den der Schauspieler Andreas Schmidt grandios in Szene setzt - allein für seinen Auftritt auf den Gleisen, auf denen er, vollkommen allein, aber umringt von seinen Dämonen, mit sich kämpft, lohnt sich dieser Film -, neben diesen beiden Männern also rückt die Figur von Anneke Kim Sarnau zwar in den Hintergrund. Dennoch ist sie von zentraler Bedeutung. Denn ganz ähnlich wie im Fall der Münsteraner „Tatort“-Kommissare Börne und Thiel, bei denen die ganze Exzentrik des Pathologen ja nur vor der spröden Stille des Kommissars richtig zur Geltung kommt, so hält auch die Figur der Katrin König das Rostocker Kommissariat erst zusammen. König bildet so etwas wie das Rückgrat dieses „Polizeirufs“, der ohne sie von mächtigen Fliehkräften leicht in Stücke gerissen würde.

          Deswegen ist es im Grunde auch so unbegreiflich, dass nahezu immer, wenn dieser „Polizeiruf“ gelobt wurde (was oft geschah), von Kommissar Bukow alias Charly Hübner die Rede war und nur selten von ihr. Auch Anneke Kim Sarnau scheint dieser Gedanke nicht fremd zu sein, und wenn er sie stört, dann weiß sie das ganz gut zu verbergen: „Ich glänz’ von hinten“, sagt sie und lacht, wie es ihre Art ist, völlig unvermittelt so laut auf, dass es klingt, als hätte sie eine Gewehrsalve abgefeuert. Dass sich jetzt niemand zu ihr umdreht, kann nur daran liegen, dass die geschirrklappernde Geschäftigkeit im offenen Rund des Berliner Cafés Einstein nahe dem Tiergarten ohnehin alles andere übertönt. Anneke Kim Sarnau lebt nicht weit von hier entfernt mit ihrem Freund und zwei Kindern. Sie hat „irgendwas Schokoladiges“ geordert und sich, weil sie die Kinder nachher abholen muss, den Wecker in ihrem Handy auf halb vier gestellt. Vielleicht, sagt sie, als ihr ein wirklich eindrucksvolles Stück Schokoladenkuchen serviert wird („alter Schwede“), vielleicht sei ihre Kommissarin auch deswegen so „sehr lonesome“, weil klar war, dass sie diesem Bukow nichts entgegensetzen kann, wenn sie nur das Gleiche tue wie er. „Also musste diese König eine eigene Energie, eine eigene Nische finden.“

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