Amerikanische Talkshows : Ein fairer Schuldspruch für Snowden ist garantiert
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Michael McCaul, der republikanische Vorsitzende des Ausschusses für „vaterländische Sicherheit“ im Repräsentantenhaus: „Wer seine Feinde nicht definiert, kann sie nicht besiegen.“ Bild: AP
Netanjahu droht Iran, und die einstige Lieblingsabgeordnete der Geheimdienste unter den Demokraten im Repräsentantenhaus droht dem Rest der Welt. Die Sonntagstalkshows des amerikanischen Fernsehens verhandeln die Weltlage.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu verlangt, dass die Vereinigten Staaten den Druck auf Iran erhöhen. In einem zehnminütigen Interview in der Talkshow „Face the Nation“ auf CBS beklagte Netanjahu, dass in Washington das Gefühl für die Dringlichkeit der iranischen Gefahr fehle. Die amerikanische Regierung müsse deutlich machen, dass sie den Bau einer iranischen Atombombe wirklich mit allen Mitteln verhindern wollen.
Obama solle „zeigen, dass die militärische Option, die auf dem Tisch liegt, wirklich auf dem Tisch liegt“. Der Premierminister machte deutlich, dass sein Land notfalls allein einen Militärschlag gegen die iranischen Nuklearanlagen führen werde – Jerusalem liege nun einmal in einer anderen Zeitzone als Washington.
„Auch Rohani ein Wolf im Schafspelz“
Den neuen iranischen Präsidenten Rohani charakterisierte Netanjahu als einen Heuchler und Zyniker, der noch gefährlicher für Israel sei als sein wegen antisemitischer Reden im Westen weithin als Unperson behandelter Vorgänger Ahmadineschad. Rohani habe Ahmadineschad vorgeworfen, als Wolf im Wolfspelz aufzutreten, und sei selbst ein Wolf im Schafspelz, dessen Politik unter dem Motto stehe: „Lächeln – und die Bombe bauen.“
Nach dieser Attacke auf die Wahrhaftigkeit des Überraschungssiegers der iranischen Präsidentschaftswahlen, in dem viele westliche Beobachter einen Reformer sehen, zog Netanjahu sich auf die Notwendigkeit des Schutzes seiner Staatsgeheimnisse zurück, als ihn der Moderator Bob Schieffer nach einer israelischen Militäroperation in einem Nachbarland fragte. Zu der Angabe offizieller amerikanischer Quellen, Israel habe am 5. Juli einen Luftangriff auf Ziele in Syrien geflogen, nahm Netanjahu nicht Stellung. „Es ist nicht meine Gewohnheit, zu sagen, was wir getan oder nicht getan haben.“
„Ein apokalyptisches Regime“
Der Likud-Chef, dessen treueste amerikanische Verbündete christliche Fundamentalisten sind, die dem jüdischen Staat eine eschatologische Bedeutung zuschreiben, charakterisierte die Islamische Republik Iran als „messianisches, apokalyptisches Regime“. Indirekt sprach sich Netanjahu gegen den Vorschlag aus, die ägyptische Armee für die Beseitigung des demokratisch gewählten Staatspräsidenten Mursi mit der Suspendierung der amerikanischen Subsidien zu bestrafen. Israel wolle sich auf den Frieden mit Ägypten verlassen können, und einer der Pfeiler der Friedensordnung von Camp David sei die amerikanische Militärhilfe für Kairo.
Michael McCaul, der republikanische Vorsitzende des Ausschusses für vaterländische Sicherheit im Repräsentantenhaus, warb in der Talkshow „Fox News Sunday“ dafür, die ägyptischen Putschisten auch in ihren Aktionen zur Herstellung des inneren Friedens zu unterstützen. Der Abgeordnete aus Texas, ein von Jesuiten erzogener ehemaliger Staatsanwalt und stellvertretender Justizminister, begrüßte die Massenverhaftungen von Mitgliedern der Muslimbruderschaft. Das Militär sei der wichtigste Stabilitätsfaktor im Land und verdiene amerikanische Hilfe bei der Bekämpfung der Scharia, des islamischen Rechts, das die Muslimbrüder ihren Landsleuten aufgezwungen hätten.
Eine Lektion für Obama
Der Obama-Regierung warf McCaul die Verbreitung einer gefährlichen „Erzählung“ vor, wenn sie nahelege, dass die Bedrohung der nationalen Sicherheit durch Terroristen nach der Tötung Usama Bin Ladins so weit zurückgegangen sei, dass man sich wieder auf dem Stand der Zeit vor dem 11. September 2001 befinde. Dem Präsidenten, der vom Krieg gegen den „radikalen Islam“ nichts mehr wissen wolle, hielt McCaul eine Lektion des früheren New Yorker Bürgermeisters Giuliani entgegen: „Wer seine Feinde nicht definiert, kann sie nicht besiegen.“
Nach dieser Devise handelte McCaul, indem er Russland den Feinden Amerikas zuschlug, als der Moderator Chris Wallace ihn nach Edward Snowden fragte: Mit jedem Tag, den der flüchtige Geheimdienstmitarbeiter in Freiheit verbringe, werde er noch gefährlicher; er habe den Vereinigten Staaten einen Treueid geschworen und verstecke sich nun bei den Feinden.
Die frühere demokratische Kongressabgeordnete Jane Harman, wichtige Verbündete der National Security Agency bei der Reform der Abhörgesetzgebung im Jahre 2008, sprach in derselben Sendung des konservativen Senders Fox News die Drohung aus, kein Land der Welt solle eine Aufnahme Snowdens in Erwägung ziehen, das an „vernünftigen Beziehungen“ zu den Vereinigten Staaten interessiert sei.
Frau Harman äußerte ihr Unverständnis darüber, dass Umfragen zufolge auch viele Amerikaner Verständnis für Snowden aufbringen. Er sei kein Fall für das Asylrecht, da er in den Vereinigten Staaten nicht verfolgt werde, sondern lediglich angeklagt worden sei.
Als Zeichen für das Funktionieren des amerikanischen Rechtssystems führte sie den am Samstagabend verkündeten Freispruch für George Zimmerman an, den Möchtegernpolizisten aus Florida, der einen unbewaffneten schwarzen Jugendlichen erschossen hatte. Fairerweise sprach Frau Harman allerdings auch aus, dass nach ihrer Überzeugung am Ende des Strafprozesses gegen Snowden ein Schuldspruch stehen muss.