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Ägyptische Reporterinnen : Recherchen zu Korruption sind unerwünscht

Die Gründerin und Chefredakteurin von „Mada Masr“, Lina Attalah. Bild: EPA

In Ägypten müssen drei Journalistinnen des unabhängigen Portals „Mada Masr“ vor Gericht. Sie hatten über Vorwürfe gegen Politiker berichtet.

          2 Min.

          In Ägypten stehen in wenigen Tagen drei Journalistinnen der unabhängigen Nachrichtenseite „Mada Masr“ vor Gericht. Rana Mamdouh, Beesan Kassab und Sara Seif Eddin wird „Beleidigung von Parlamentsmitgliedern“ und „Missbrauch von Kommunikationskanälen“ vorgeworfen. So war es am Dienstag auf der Website von „Mada Masr“ zu lesen.

          Anna Vollmer
          Redakteurin im Feuilleton.

          Die Anklage bezieht sich auf einen Artikel, den die drei Frauen am 31. August des vergangenen Jahres veröffentlicht hatten. Darin schrieben sie über Korruptionsvorwürfe gegen mehrere Mitglieder der Partei „Zukunft der Nation“. Die Partei bildet die größte Fraktion im ägyptischen Parlament und steht dem Präsidenten Abd al-Fattah al-Sisi nahe. In ihrem Artikel zitierten die Journalistinnen Quellen, laut denen parteiintern ein mögliches Ausschlussverfahren gegen mehrere prominente Mitglieder diskutiert werde.

          Kurz darauf wurden mehrere Hundert Anzeigen von Parteimitgliedern gegen die Journalistinnen erstattet und alle drei Frauen gemeinsam mit der Chefredakteurin Lina Attalah festgenommen und von der Staatsanwaltschaft verhört, jedoch gegen eine Kaution wieder freigelassen.

          Das letzte unabhängige Medium des Landes

          Attalah sieht in diesem Vorgehen einen weiteren Angriff auf die Pressefreiheit, um die es in Ägypten ohnehin nicht sonderlich gut bestellt ist. Auf der Rangliste der Pressefreiheit, die jährlich von der Organisation Reporter ohne Grenzen veröffentlicht wird, belegt Ägypten Platz 168 von 180. Die Nachrichtenseite „Mada Masr“, die 2013 von Attalah und einigen anderen gegründet wurde, gilt als das letzte unabhängige Medium des Landes. Dafür wurde Attalah weltweit immer wieder ausgezeichnet, das amerikanische Magazin „Time“ bezeichnete die Chefredakteurin als „die Enthüllungsjournalistin der arabischen Welt“.

          Doch gerade wegen dieses Engagements haben „Mada Masr“ und auch Attalah persönlich immer wieder mit der ägyptischen Justiz zu tun. Vor drei Jahren wurden die Redaktionsräume von Sicherheitskräften durchsucht und mehrere Mitarbeiter stundenlang in Gewahrsam genommen. 2020 wurde Attalah festgenommen, weil sie die Mutter des inhaftierten Journalisten Alaa Abd el Fatah interviewt hatte. Zuletzt wurde der Journalistin vorgeworfen, ihre Seite ohne Lizenz zu betreiben. Attalah selbst sagt, sie habe zahlreiche Anträge auf eine Lizenz gestellt, diese sei jedoch nie bewilligt worden.

          Am 7. März beginnt nun der Prozess gegen ihre drei Mitarbeiterinnen, in dem sich diese gegen den Vorwurf verteidigen müssen, durch ihre Berichterstattung die nationale Sicherheit und den internen Frieden zu gefährden. Sollten sie den Prozess verlieren, drohen ihnen Geldstrafen und sechs Monate bis zwei Jahre Haft. Auf „Mada Masr“ war von Attalah zu lesen, dass eine ganz andere Sache die interne Stabilität Ägyptens bedrohe: die strafrechtliche Verfolgung von Kritikern, die versuchten, die Öffentlichkeit faktenbasiert und sachlich über Missstände zu informieren.

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